Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

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Fünftes Kapitel 
Italien zur Zeit der Frührenaissance 
§ 58. Die römische Gemeinde 
Seit dem XIV. Jahrhundert wird Italien für die gehetzte Diaspora 
zu einem Lande der Immigration. Alle in dieser Zeit hereinbrechen 
den Katastrophen treiben den italienischen Küsten Scharen von Hei 
matlosen zu. Die in den Jahren i3o6 und 1894 aus Frankreich Ver 
triebenen, die nach den Schrecken des „Schwarzen Todes“ aus 
Deutschland Geflüchteten, die im Jahre 1421 für eine Zeitlang aus 
Österreich Ausgewiesenen und schließlich die spanischen Exulanten 
vom Jahre 1492-—sie alle wurden auf dem einen oder dem anderen 
Wege, bald in größeren, bald in kleineren Gruppen nach Italien ver 
schlagen. Nicht immer war hier freilich den Wanderern ein ungetrüb 
tes Dasein beschieden; indessen erfreute sich dieser alte Zufluchtsort 
der westlichen Diaspora, in dem gegen Ausgang des Mittelalters der 
Geist der Antike zu neuem Leben erwachte, nach wie vor jener eigen 
artigen, von den Kirchencaesaren aufrechterhaltenen „pax romana“,. 
die die Juden wenn auch nicht vor alltäglicher Bedrückung, so doch 
wenigstens vor größeren Katastrophen bewahrte. Das päpstliche Rom 
hielt an seiner „Duldsamkeit“ der im Trastevere gelegenen alten jüdi 
schen Kolonie gegenüber unentwegt fest und nahm den in die „ewige 
Stadt“ verschlagenen Splitter der ewigen Nation vor den Ausschrei 
tungen der Menge getreulich in Schutz. Heikler war die Lage der Ju 
den in den Stadtrepubliken und in den kleinen Fürstentümern Ober 
und Mittelitaliens, wo sie nur in dem Maße geduldet wurden, als dies 
den wirtschaftlichen Interessen der jeweiligen Machthaber entsprach. 
Was aber die südlichen Königreiche Neapel und Sizilien anbelangt, 
so blieben die großen jüdischen Gemeinden hier nur so lange unbe 
helligt, bis die Vertreibung aus Spanien auch die Ausweisung der Ju
	        
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