Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Zerstörung des französischen Zentrums 
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verlassen (1S22). An manchen Orten beeilten sich die Behörden noch 
vor dem freiwilligen Abzug der jüdischen Einwohner deren Besitz 
zu beschlagnahmen und sie mit geleerten Taschen aus dem Lande zu 
treiben. In dem Zeitraum zwischen 1822 und i359 hatten denn auch 
die Zentralgebiete Frankreichs fast gar keine jüdischen Gemeinden 
aufzuweisen. Als im Jahre i348 die Feuersbrunst des „Schwarzen 
Todes“ ausbrach, um das jüdische Deutschland in Schutt und Asche 
zu legen, konnte sich das Feuer in Frankreich wegen Mangels an 
Brennstoff nicht ausbreiten, und so wurden nur wenige jüdische Sied 
lungen in der Provence durch die Flammen versengt. 
§ 40. Der vorübergehende Aufenthalt der Juden in Frankreich und 
ihre endgültige Vertreibung 
Zu ihrem eigenen Unheil vermochten die ausgewanderten Juden 
die Hoffnung auf eine Wiederkehr nach Frankreich noch immer 
nicht aufzugeben und auch die Könige vermißten nur ungern ihre 
„handeltreibenden Fronknechte“. Der endlose Krieg mit England 
verschlang enorme Geldsummen, bei deren Beschaffung sich die Ju 
den besonders nützlich hätten erweisen können. In einer überaus pre 
kären Lage sah sich die königliche Familie namentlich nach der 
Niederlage bei Poitiers und der Gefangennahme des Königs Johann II. 
(i356): der Staatsschatz war leer, die Stadt*- und Landbevölkerung 
war in Aufruhr geraten („Jacquerie“) und Frankreich schien am 
Rande des Verderbens zu stehen. Da beschloß der jugendliche Dau 
phin, der nachmalige König Karl V., der das Land als Stellvertreter 
seines Vaters regierte, die Juden zurückzuberufen, und trat in dies 
bezügliche Unterhandlungen mit ihrem Vertreter in Paris, dem Fi 
nanzmann Manecier de Vesoul. Im Jahre i36o tat der Regent in 
einem besonderen Erlasse kund, daß er mit Zustimmung des Klerus, 
des Adels und der Bürgerschaften den Juden gestatte, sich in Frank 
reich in Stadt und Land für die Dauer von zwanzig Jahren von neuem 
anzusiedeln, Grundstücke und Häuser zu erwerben, Handel zu trei 
ben und sich mit Kreditgeschäften zu befassen. Bei der Einreise 
sollte jedes Familienhaupt eine bestimmte Geldsumme erlegen und 
überdies alljährlich für jedes Familienmitglied eine gewisse Extra 
steuer entrichten. Dafür wurden den Juden neben den erwähnten 
noch folgende Vorrechte verliehen: es wurde ihnen ausdrücklich der
	        
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