Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 31. Byzanz und Rußland (die Krim) 
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rung von außerhalb, aus Deutschland und namentlich aus dem slawi 
schen Böhmen. Bei den maßgebenden österreichischen und deutschen 
Rabbinern liefen denn auch oft Anfragen aus Polen ein. In den rabbi- 
nischen Sendschreiben solcher Rechtsgelehrter wie R. Isaak Or-Sarua 
aus Wien oder R. Meir aus Rothenburg ist häufig von den Juden in 
den slawischen Ländern die Rede. Es ist indessen bemerkenswert, daß 
„Russien“ als Handelskolonie in dem rabbinischen Schrifttum jener 
Zeit viel häufiger als Polen genannt wird. 
§ 31. Byzanz und Rußland (die Krim) 
In der Geschichte zweier osteuropäischer Staaten, des Byzantini 
schen Reiches und des in Teilfürstentümer zerfallenden Russenreiches, 
stellt das XIII. Jahrhundert eine Übergangsperiode dar. Byzanz ver 
wandelte sich für ein halbes Jahrhundert (1204—1261) in das „La 
teinische Kaisertum“, das Reich der westlichen Kreuzfahrer, während 
das zerstückelte Rußland von der Tatareninvasion heimgesucht wurde, 
um darauf auf lange Zeit hinaus zu einer Kolonie des mongolischen 
Asien zu werden. In den beiden Reichen, von denen das eine bereits 
dem Endpunkt seines geschichtlichen Weges nahe war, das andere 
aber noch nicht einmal die allerersten Etappen dieses Weges zurück 
gelegt hatte, vollzogen sich tiefgreifende Verschiebungen der politi 
schen Kräfte, die auch auf das Schicksal des auf seiner tausendjähri 
gen Wanderung begriffenen jüdischen Volkes nicht ohne Rückwir 
kungen bleiben konnten. 
Über die Lage der byzantinischen Juden in dieser Zeitperiode be 
sitzen wir nur überaus dürftige Nachrichten. Während der Belagerung 
Konstantinopels (1208—1204) nahmen die Kreuzfahrer in der jüdi 
schen Vorstadt Aufstellung, was für die* Einwohner manche uner 
quicklichen Folgen mit sich brachte. Auch in dem dann der Zerstücke 
lung anheimgefallenen Reiche, in dem sich die Franzosen und die 
Venezianer als Herren aufspielten, werden die jüdischen Gemeinden 
wohl kaum vor der Willkür der Okkupationsmacht sicher gewesen 
sein. Eigentümlicherweise spielten bei dieser Okkupation gegen ihren 
Willen auch die französischen Juden eine gewisse Rolle. Das Haupt 
des lateinischen Kaiserreichs Balduin II. benötigte nämlich Geld, um 
das Ansehen der römischen Kirche auf griechischem Boden aufrecht 
erhalten zu können; Papst Gregor IX. eilte ihm zu Hilfe: er machte
	        
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