Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Deutschland, im XIII. Jahrhundert 
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sonstigen religiösen Bräuchen ausschließen zu lassen (ia3i). Der 
König mußte wieder einmal nachgeben, doch pflegte er, wie aus den 
wiederholten päpstlichen Ermahnungen zu ersehen ist, auch später 
noch öfters gegen die geheiligten Kanons zu verstoßen. 
Der Hauptgrund für die Feindseligkeit gegen die jüdischen Steuer 
einnehmer lag, wie ein Zeitgenosse bezeugt, darin, daß sie die Ab 
gaben ohne Nachsicht auch bei den bevorrechteten Edelleuten einzu 
treiben pflegten, die aus der Staatskasse zwar gern nehmen, ihr aber 
nichts geben wollten. Die Interessen des Staatsschatzes legten es da 
her nahe, das ehedem bestehende Pachtsystem so schnell wie mög 
lich wiederherzustellen, und so gestattete der Papst Gregor IX. dem 
neugekrönten König von Ungarn, Bela IV. (ia35—1270), auf des 
sen Vorstellungen hin, die Staatseinkünfte den Juden, die den Pacht 
zins auf eigene Gefahr vorzustrecken pflegten, von neuem in Pacht 
zu geben (1239). Die jüdischen Steuerpächter sollten dem König bald 
nach der Wiederaufnahme ihrer früheren Tätigkeit, als das Land 
durch die Mongoleninvasion, unter der auch die jüdischen Landes 
einwohner nicht wenig zu leiden hatten, schwer heimgesucht worden 
war (1241), überaus wichtige Dienste erweisen. Desungeachtet wur 
den die Juden durch den Druck der höheren Stände aus dem Gebiet 
der finanzpolitischen Betätigung immer mehr in das des Privatkredit 
geschäftes zurückgedrängt. Diese Kreditgeschäfte wurden besonders 
durch das königliche Statut vom Jahre i2Öi gefördert. Seinem In 
halte nach mit den schon erwähnten österreichischen Schutzbriefen 
fast identisch, zeugt das von Bela IV. veröffentlichte Statut davon, 
daß um diese Zeit auch die jüdische Kolonie in Ungarn bereits unter 
denselben Verhältnissen zu leiden hatte, die für das Mittelalter über 
haupt charakteristisch waren. Das Gelöbnis des Königs, die Juden vor 
Überfällen in Schutz nehmen zu wollen, ist ein Beweis dafür, daß die 
Juden sich auch in Ungarn vor der gewalttätigen Bevölkerung nicht 
mehr sicher fühlten. Als eine Konzession an die Kirchenregeln ist jene 
Bestimmung des Statuts zu betrachten, derzufolge das einem jüdischen 
Gläubiger in bezug auf adeligen Landbesitz eingeräumte Pfandrecht 
ihm zwar die Befugnis gab, sich an den Einkünften vom verpfändeten 
Gute schadlos zu halten, nicht aber über die dazu gehörigen Chri 
sten die herrschaftliche Gewalt auszuüben. Solche Konzessionen reich 
ten indessen bei weitem nicht aus, jene Kircheneiferer zufriedenzu
	        
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