Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Deutschland im XIII. Jahrhundert 
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sein und Auswanderer aus anderen Orten in die Stadt herbeizulocken“. 
Die Kölner Bürgerschaft war indessen nicht geneigt, dem Erzbischof 
die alleinige Gewalt über die Juden zu überlassen und machte auch 
ihrerseits Ansprüche geltend. Im Jahre 12 58 wurde der darob ent 
standene Streit vor einem Schiedsgericht verhandelt, vor dem der 
Erzbischof erklärte, daß die Bürger kein Recht hätten, sich in seine 
Beziehungen zu den Juden einzumischen, da ihm diese als Lehen vom 
Kaiserreich übertragen worden wären (tenet ipsos Judaeos in feudo 
ab imperio). Das Gericht entschied, daß die Juden zwar von Rechts 
wegen zur erzbischöflichen Kammer gehörten, daß sie aber zugleich 
dem Magistrat unterständen, so daß jede der Behörden die Hälfte der 
Abgaben von den jüdischen Immobilien beanspruchen dürfe, unter 
der einzigen Bedingung, daß die den Juden bischöflicherseits ver 
liehenen Privilegien auch von den Stadtbehörden respektiert würden. 
Der Nachfolger des Konrad im Erzbistum von Köln, Engelbert II., 
verlieh den Juden in Anbetracht ihrer wachsenden Verarmung eine 
Reihe neuer Vorrechte; so untersagte er zugewanderten Geldwechslern, 
den „Kawertschinen“, sowie anderen das jüdische Kreditgeschäft un 
tergrabenden christlichen Wucherern den Aufenthalt in Köln. Damit 
die den Juden gewährten Freiheiten der Mitwelt wie der Nachwelt in 
Erinnerung blieben, ließ er den Schutzbrief in einen Stein einmeißeln 
und diesen auf einem öffentlichen Platze aufstellen. 
In einen anderen zwischen dem Bischof und der Bürgerschaft 
von Würzburg ausgebrochenen Streit um die Jurisdiktion über die 
Juden mischte sich der Papst Innocenz IV. selbst ein. Der Papst be 
stätigte die Machtkompetenz des Bischofs, untersagte der Bürger 
schaft, die jüdische Bevölkerung durch Abgaben zu bedrücken, und 
mahnte sie daran, daß die heilige Kirche, gleich einer „weichherzigen 
Mutter“, gewillt sei, die Juden neben ihren erstgeborenen Kindern zu 
dulden und sie, in der festen Hoffnung auf ihre dereinstige Bekeh 
rung, nach ihren Sondergesetzen leben zu lassen (12 53). Die Würz 
burger Bürger mußten sich denn auch verpflichten, in die Beziehun 
gen zwischen dem Bischof und der jüdischen Gemeinde nicht störend 
einzugreifen und diese ohne Einwilligung des Kirchenfürsten durch 
keinerlei Abgaben zu belasten. Wie aus den Akten zu ersehen ist, 
pflegte nämlich die Bürgerschaft an manchen Orten bei den unter 
bischöflicher Jurisdiktion stehenden jüdischen Gemeinden in will 
kürlicher Weise Steuern einzutreiben, wie dies z. B. aus einer Be
	        
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