Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

Die Periode der Kolonisierung 
liehe Bekenntnis gewaltsam aufgezwungen werden . . . (Es folgen die 
gewichtigsten Beweise für den Grundsatz, daß die Menschen nicht 
durch Zwang, sondern durch Einwirkung auf ihren freien Willen 
gewonnen werden müßten.) Diejenigen jedoch, die bereits unter dem 
allerfrömmsten (religiosissimi) Gebieter Sisebut zur Taufe gezwun 
gen und zu den kirchlichen Sakramenten zugelassen worden waren, 
müssen auch fernerhin Christen bleiben“. Hierbei nahm das Konzil,, 
das soeben die Vergewaltigung der Gewissensfreiheit der Gläubigen 
selbst verurteilt hatte, keinen Anstand, die Freiheit des Gewissens 
jener Opfer der Zwangsmaßnahmen des Sisebut, die unter Swin- 
tila zum jüdischen Glauben zurückgekehrt waren, durch Anordnung 
einer Reihe grausamer Maßregeln in rücksichtslosester Weise mit 
Füßen zu treten. Für diese scjhon früher Vergewaltigten ordnete näm 
lich das Konzil mit Zustimmung des Königs ein ganzes System von 
Inquisitionsmaßnahmen an: jeder Bischof hatte jetzt das Recht, sie 
zum Festhalten am christlichen Glauben zu zwingen; die sich Wider 
setzenden hatten die Einziehung ihres Vermögens zu gewärtigen; 
sollte einer von ihnen an seinem Sohne die Beschneidung vornehmen, 
so ging er dadurch seiner väterlichen Rechte verlustig, während der 
Sklave im gleichen Falle freigelassen werden mußte. Überhaupt durf 
ten die getauften Kinder jüdischer Eltern nicht unter deren Obhüt 
bleiben, sondern mußten in Klöstern oder in gut christlichen Häu 
sern erzogen werden; hierbei sollte ihnen indessen das Recht, ihre 
jüdischen Eltern zu beerben, ungeschmälert erhalten bleiben. Ein mit 
einer Christin verheirateter Jude war verpflichtet, auch seinerseits 
das Christentum anzunehmen oder aber sich von seiner Frau schei 
den zu lassen und sie mitsamt den Kindern zu entlassen. Auch im 
Falle eines Zusammenlebens von Jüdinnen mit Christen sollte die 
Verbindung, wenn sich die Frau der Taufe widersetzte, aufgelöst 
werden, wobei die Kinder dem Vater zugesprochen werden mußten. 
Die von der Kirche abgefallenen Täuflinge durften vor Gericht kein 
Zeugnis ablegen, „denn wie könnte jemand den Menschen gegenüber 
Redlichkeit üben, der sich Gott gegenüber als ein Verräter erwiesen 
hat“, womit offenbar der christliche Gott gemeint war, da ja der 
vorher am jüdischen Gott begangene Verrat die Ehrenhaftigkeit des 
Renegaten nicht in Frage stellte. Den getauften Juden wurde jeglicher 
Verkehr mit den ungetauften untersagt. Hinsichtlich der nicht getauf 
ten Juden blieben alle früheren Rechtsbeschränkungen nach wie vor
	        
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