Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

§ 53. Byzanz und die griechischen Gemeinden 
Privateigentum der Könige und Herzoge, die jedoch die Jurisdiktion 
über die jüdische Bevölkerung mitsamt den bei ihr eingezogenen 
Abgaben nicht selten den Bischöfen abzutreten pflegten. So gab der 
Herzog Wilhelm im Jahre 1121 kund, daß er dem Erzbischof von 
Salerno die ganze „Judeca“ dieser Stadt nebst allen sie bewohnenden 
Juden unwiderruflich übereigne und ihm zugleich das Recht ver 
leihe, über sie zu Gericht zu sitzen und sie zu besteuern. Auch an 
dere gottesfürchtige Herrscher verschenkten die Juden gleich ihren 
muselmanischen Villanen (leibeigenen Bauern) an verschiedene Kir 
chen und Klöster. Unbeschadet dieser patriarchalischen Gepflogen 
heiten bildeten die Juden in Süditalien und Sizilien eine der vier 
gleichberechtigten und sich religiöser und nationaler Autonomie er 
freuenden Gruppen. „Latiner, Griechen, Judäer und Sarazenen un 
terstehen ihrer eigenen Gerichtsbarkeit“, heißt es in dem vom Bi 
schof von Catania den Bewohnern der Stadt verliehenen Freibrief 
(1168). Diese Lage sollte erst in der ersten Hälfte des XIII. Jahr 
hunderts, unter der Dynastie der Staufen, eine Änderung erfahren 
(s. unten, Band V). 
§ 53. Byzanz und die griechischen Gemeinden 
Die zur Zeit der byzantinischen Herrschaft in Süditalien mit 
der lateinischen so eng verbundene griechische Judenheit sah sich 
im Zeitalter der Kreuzzüge, als Byzanz aus der aktiven europäischen 
Politik ganz ausgeschieden war, in immer steigenderem Maße auf 
ihre eigenen Kräfte angewiesen. Je fester die aus dem Westen ge 
kommenen Kreuzfahrer mit dem asiatischen Boden verwuchsen, desto 
mehr schwand die Bedeutung Konstantinopels als eines Vorpostens 
der Christenheit an der Grenzscheide zwischen Europa und Asien. 
Schon nach dem ersten Kreuzzug, der nicht von der griechischen, 
sondern von der römischen Kirche inspiriert worden war und von 
seiten des byzantinischen Kaisers auch keine genügende Unterstüt 
zung fand, geht Byzanz der von ihm bis dahin im christlichen Mor 
genlande ausgeübten Hegemonie gänzlich verlustig. Nach der Be 
gründung des Königreichs Jerusalem durch die Kreuzfahrer (1099) 
wird Konstantinopel vollends in den Hintergrund gedrängt und 
fällt gegen Ende der geschilderten Epoche selbst in die Hände der 
Kreuzritter des vierten Kreuzzuges (i2o4)- In diesem geschwächten 
27 Dubnow, Weltgeschichte des jüdischen Volkes, Bd. IV 
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