Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

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§ 3. Italien unter den Ostgoten und Langobarden 
Die Aussicht, unter die Herrschaft von Byzanz zu geraten, das unter 
Justinian von Amts wegen den Judenhaß begünstigte, konnte ihnen 
nur Furcht einflößen. Darum standen auch die Juden während des 
zwanzigjährigen Krieges zwischen Italien und Byzanz (535—555) in 
den meisten Fällen auf seiten der Goten, während die Lateiner und 
Griechen zu den Byzantinern hielten. Unmittelbaren Anteil an dem 
Kampf nahmen gleich zu Beginn des Krieges die Juden von Neapel. 
Der berühmte byzantinische Feldherr Beiisar führte nämlich, nach 
dem er das in Afrika gelegene Vandalenreich zerstört hatte, sein Heer 
gegen Italien, das Justinian dem östlichen Reiche einzuverleiben ge 
dachte. Im Jahre 535 besetzten die Byzantiner ganz Sizilien und 
standen im folgenden Jahre bereits vor den Toren Neapels. Die zahl 
reiche jüdische Bevölkerung von Neapel widersetzte sich der Absicht 
der griechischen Einwohnerschaft, die Stadt dem Feinde auszuliefern. 
Die Korrihandel treibenden Juden versorgten die Stadt mit reichen 
Nahrungsmittelvorräten, die für eine längere Belagerungsdauer be 
rechnet waren, und verbanden sich mit den patriotisch gesinnten 
christlichen Neapolitanern, um die Stadt bis zum äußersten zu ver 
teidigen. An ihrem Widerstand scheiterten vorerst alle Angriffsver 
suche des Beiisar. Voll Mannesmut verteidigten die Juden die Gegend 
um den Hafen herum und ließen die Belagernden nicht näher an die 
Stadl herankommen. Erst nach einer dreiwöchentlichen Belagerung 
gelang es den Kriegern des Beiisar, durch die Wasserleitungsanlagen 
in Neapel einzudringen. Mit Ausnahme der verräterischen Griechen 
mußte nun die gesamte Einwohnerschaft Schreckliches erdulden. In 
dem Gemetzel kamen auch viele jüdische Helden um. Das Los Südita 
liens war nunmehr besiegelt: es wurde zu einer Provinz des byzantini 
schen Kaiserreiches. Gegen Ende des Jahres 536 vermochte Beiisar 
auch Rom ohne Schwertstreich einzunehmen, doch sah er sich bald 
von der Heeresmacht der Goten umzingelt und in der Stadt einge 
schlossen. Indessen gelang es den belagerten Byzantinern, nach Ra 
venna durchzubrechen, von wo aus sie die Eroberung Oberitaliens 
begannen, während der heldenmütige Kriegsherr der Goten, Totila, 
ihnen inzwischen den südlichen Teil des Landes mitsamt Neapel wie 
der entriß. So fielen Rom und die anderen Städte Italiens zwei Jahr 
zehnte hindurch bald der einen, bald der anderen der streitenden 
Parteien in die Hände, bis es schließlich der Kriegskunst des byzan 
tinischen Feldherrn Narses gelang, Italien endgültig zu bezwingen
	        
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