Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

Das Zeitalter der Kreuzzüge in Mitteleuropa 
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Gottes, um es zu verschlingen und gänzlich zu vertilgen. Gott erbarmte 
sich jedoch seines Volkes und rief in den Herzen derer, unter denen 
es in der Verbannung weilt, Mitleid mit ihm wach. Er gab dem Kö 
nig Friedrich ein, manches aus dem jüdischen Besitz, und zwar durch 
aus nicht viel, an sich zu nehmen, den Mönchen und Priestern aber 
einzuschärfen, sie (die Juden) nicht anzubellen (d. h. gegen sie nicht zu 
hetzen). Friedrich setzte sich mit voller Kraft für uns ein und machte 
es uns möglich, mitten unter den Feinden zu leben, ohne daß uns je 
mand zu nahe getreten wäre“. Ein anderer Zeitgenosse schildert die 
große Erregung, die sich der schon im Jahre 1096 so schwer heimge 
suchten Mainzer Gemeinde bemächtigte, als von neuem Kreuzfahrer 
banden sich in Bewegung setzten, mit der unverhohlenen Absicht, die 
Juden zu brandschatzen oder zur Taufe zu zwingen 1 ). Das ganze jü 
dische Mainz fastete und betete, es wurden Vorkehrungen zur Flucht 
aus der Stadt getroffen, und schon packte man die Thorarollen ein, 
um sie nötigenfalls ,,vor den gierigen Wölfen“ bei christlichen Nach 
barn in Sicherheit zu bringen. Die Gemeinden von Mainz, Speyer, 
Straßburg, Worms und Würzburg bekamen bestimmte in der Um 
gebung gelegene lehensherrliche Burgen zugewiesen, die ihnen wäh 
rend des Durchzugs der Kreuzfahrer Schutz bieten sollten. Als die 
Scharen der Kreuzfahrer durch’Mainz zogen (März 1188), waren 
denn auch in der Stadt nur sehr wenig Juden zurückgeblieben, wäh 
rend alle übrigen in die benachbarte Burg geflüchtet waren. Die Zu 
rückgebliebenen schlossen sich in ihren Häusern ein und wagten nicht, 
sich auf der Straße zu zeigen. Friedrich I. und seinen an der Spitze 
des Kreuzfahrerheeres stehenden Unterführern gelang es jedoch, die 
Unruhen schon im Keime zu ersticken. Der Ortsmarschall erschien 
persönlich überall, wo sich radaulustige Elemente ansammelten, und 
trieb sie auseinander, sobald sie sich dem jüdischen Viertel zu nähern 
versuchten. Der Kaiser gab kund, daß die Ermordung eines Juden 
mit dem Tode und die einem Juden zugefügte Körperverletzung mit 
dem Abschlagen eines Armes geahndet werden würde. Die Bischöfe 
drohten ihrerseits allen Mordbrennern den Kirchenbann an und er 
klärten ausdrücklich, daß solchen Verbrechern auch ihre Teilnahme 
!) Der Bericht stammt von Eleasar ben Jehuda aus Mainz (der vielleicht mit 
dem bekannten Verfasser des „Rokeach“, dem Mystiker aus Worms, identisch 
ist) und ist in seiner fragmentarischen Form in der Sammlung: „Hebräische Be 
richte über die Kreuzzüge“ mitabgedruckt. S. Bibliographie.
	        
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