Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (4, Europäische Periode ; Das frühere Mittelalter / 1926)

§ 20. Die Geschicke der Juden in Byzanz 
dazu gehörenden Grundbesitz und dem mir ehedem von den Juden 
selbst überlassenen Synagogenplatz, auf dem die Kirche zu Ehren 
des heiligen Sylvester und des Papstes Leo errichtet ist“. Drei Jahre 
später überwies dieselbe fromme Herzogin ein Sechstel ihrer von den 
Juden der Stadt Palermo bezogenen Einkünfte dem dortigen Bischof 
zugunsten der Marienkirche, indem sie zugleich die Verfügung traf, 
daß nach ihrem Tode auch der Rest dieser Einkünfte zum Heile 
ihrer Seele und der Seelen ihrer Angehörigen für den gleichen Zweck 
Verwendung finden möge. Der Herzog Roger I. verschenkte an den 
Erzbischof von Salerno „ganz Judäa“ (totam Judaeam, d. i. das 
jüdische Viertel) der Stadt Salerno mitsamt allen darin lebenden Ju 
den und den auf ihnen lastenden Steuerpflichten (1090). Auch in 
Melfi bedachte er die dortige Kirche mit dem gleichen Geschenk. 
Zugunsten der Marienkirche in Palermo überwies Roger eine Gruppe 
von zu Geld- und Naturalleistungen verpflichteten „Sarazenen“, unter 
denen uns jedoch auch jüdische Namen (Isaak, Moses, Joseph) be 
gegnen, deren Träger wohl arabisch sprechende Juden aus dem Mor 
genlande waren. 
So gerieten denn die Juden Süditaliens am Vorabend der Kreuz 
züge, nach einer viele Jahrhunderte währenden Abhängigkeit von den 
Byzantinern und Arabern, erneut unter die Gewalt christlicher Herr 
scher, um in den Rahmen jener feudalen Ordnung eingezwängt zu 
werden, deren Herrschaft sich nun über das ganze westliche Europa 
erstreckte. 
§ 20. Die Geschicke der Juden in Byzanz 
Für das byzantinische Reich brachen in dieser Epoche schwere 
Zeiten an. Zwischen zwei Welten eingeklemmt, dem immer weiter 
sich entfaltenden arabischen Asien und dem im Aufschwung begrif 
fenen slawischen Europa, erhielt das alte Reich fortwährend bald 
von der einen, bald von der anderen Seite empfindliche Stöße, die 
zuweilen selbst seine Existenz in Frage stellten. Einer dieser wuch 
tigen Schläge traf es zu Beginn des VIII. Jahrhunderts, als die Ara 
ber den Süden der Pyrenäischen Halbinsel besetzten und zugleich 
gegen die Balkanhalbinsel anzustürmen begannen. Im Jahre 718 er 
schien ein muselmanisches Riesenheer unmittelbar vor den Toren Kon 
stantinopels. Die Flotte der Araber und ihr aus Kleinasien heran 
geführtes Landheer hielten die Hauptstadt eng umklammert, und 
169
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.