Volltext: Das Schützenregiment Graz Nr. 3 und der steirische Landsturm im Weltkrieg 1914 - 1918 I. Band (I. Band)

gemeinsame Hungern, das gemeinsame Ertragen der Gefahren, das gemeinsam 
erstrebte Ziel die Herzen einander näher brachten. Schließlich hat der Front- 
kurat alles mit seinen Soldaten mitgemacht, mit Ausnahme des eigentlichen 
Kampfes, an dem er sich nicht aktiv beteiligte, dessen Gefahren er jedoch mit- 
ausgesetzt war. Der Frontkurat hatte zu lindern, zu trösten, zu Helsen, aufzu¬ 
muntern, den Verwundeten beizustehen, ihnen den letzten Trost der Religion zu 
bringen, die Seelenkräste zum mutigen Ausharren zu wecken, das durch die 
gegebenen Verhältnisse ausgezwungene Entbehren und Ertragen von Strapazen 
und Gefahren in ein freiwilliges Aufsichnehmen hinüberzuleiten, den Geist frei¬ 
williger Pflichterfüllung zu wecken und die vom Kriege geforderten, schier 
unmenschlichen Leistungen einzuordnen in eine übernatürliche Ordnung und 
Verdienstmöglichkeit durch Stärkung des religiösen Bewußtseins, des Gottes¬ 
glaubens und des unbegrenzten Gottvertrauens, den Sinn zu heben in das 
reine, trotz Schlachtenlärmes von göttlicher Ruhe und Frieden erfüllte Bewußt¬ 
sein: „Jesus, mein Heiland, ist mein Herr, er ist mein Leiter, mein Helfer, mein 
Schützer, ohne Ihn geschieht mir nichts. Er ist mein Tröster und auch der Tröster 
der Meinen in der Heimat." Hiezu war es nicht notwendig, moralisierend oder 
dogmatisch belehrend zu wirken. Vielmehr genügten der Ausdruck eines teil¬ 
nehmenden Gedankens oder ein kräftiges Schriftwort, um das religiöse Be¬ 
wußtsein zu heben. Kurz, Liebe und Vertrauen zu künden, das war die Auf¬ 
gabe des Seelsorgers. 
Freilich hatte auch die Militärseelsorge mit großen Schwierigkeiten 
zu kämpfen. Da war besonders in der ersten Zeit, der Zeit des grauenhaftesten 
Durcheinanders, eine geordnete Seelsorge, ein geordneter Gottesdienst unmög¬ 
lich, zumal sich alles auf den Kamps, die Verteidigung, den Sieg, eingestellt 
hatte. Desgleichen brachten die furchtbaren Erlebnisse, die Härten des Krieges, 
das Fallen der Kameraden ein gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod mit 
sich. Wohl die größten Schwierigkeiten wurden dem Militärseelsorger von 
jenen auferlegt, die, im Gefühle der Hoffnungslosigkeit auf eine bessere Zu¬ 
kunst, an der Gerechtigkeit Gottes, an Gottes Vorsehung und schließlich am 
Dasein Gottes zweifelten. 
Der Sturm der Begeisterung, der in den Iulitagen des Jahres 1914 die 
Gaue Österreichs durchbrauste, erreichte für das Landwehrregiment Nr. 3 seinen 
Höhepunkt in dem feierlichen Regiments-Gottesdienst aus der Rei- 
ninghauser Wiese in Eggenberg am 10. August 1914. Zum erstenmale konnte ich 
damals zu meinen Kameraden, mit denen ich aus Jahre hinaus auf Not und 
Tod verbunden fein sollte, sprechen. Ich kannte sie damals noch nicht persönlich, 
ich kannte sie nur als Soldaten, die im Begriffe standen, für Kaiser und Vater¬ 
land, für Heimat und Herd abwehrbereit vor den Feind zu treten. Damals 
konnte ich nur auf den Ernst der Stunde und die Größe der Ausgabe, auf die 
hohe Bedeutung und die Schönheit des Soldatenstandes und auf die Heiligkeit 
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