Volltext: Das Schützenregiment Graz Nr. 3 und der steirische Landsturm im Weltkrieg 1914 - 1918 I. Band (I. Band)

zerrtem Gesicht vor uns: „Herr", sagte er, „sie haben mir alles genommen, die 
Russen, den Vater, die Mutter, die Geschwister, sie haben den Hos niedergebrannt 
bis auf den letzten Stein. Bei Gott oder Satan, der mir helfen will, habe ich 
Rache geschworen. Herr, gib mir ein Gewehr, gib mir Patronen! Schick mich hin 
wo Du willst, ich werde Dir dienen, um meinen Schwur zu halten." So kam der 
junge Hreczuk Paul zu uns und wurde ein „Dreier". Die ersten Tage 
half er bei den Küchen und zwischendurch unterwies ihn ein Gefreiter in der 
Kunst des Schießens, des Handgranatenwerfens und aller sonstigen Kriegs¬ 
gebräuche. Schnell in der Auffassung, wie ein Wiesel in seinen Bewegungen, 
war er gar bald seinem Lehrer über. Als wir einst Gefangene benötigten, um 
die Verbände des Feindes festzustellen, stand er wieder da. 
„Herr", sagte er, „ich kann die Sprache des Feindes. Laß mich in Zivil 
hinüber, ich bringe Dir zwei — drei, wieviel Du brauchst." 
Er hielt Wort. Von da an war es Hreczuks besonderes Vorrecht, alle 
schwierigen Patrouillengänge zu führen. Allein oder mit andern unternahm er 
die kühnsten Streiche, nichts schien ihm zu waghalsig, nichts unmöglich. Oft 
verschwand er 8 bis 10 Tage, streifte weit zurück bis zu den russischen Kmden. 
und kehrte mit vorzüglichen Meldungen wieder. Seine mutvolle Initiative, 
seine Kaltblütigkeit und sein leuchtendes Beispiel opferwilligen Todesmutes 
wurden bald durch die Beförderung zum Korporal belohnt. 
Im Gefechte am 4. Februar 1915 auf dem Kastelik vrh in den Karpathen 
unternahm er freiwillig mehrmals äußerst waghalsige Patrouillengänge und 
kehrte jedesmal mit einigen Gefangenen sowie mit zutreffenden Meldungen, 
die entsprechend verwertet werden konnten, zurück. Auch bei der Durchführung 
besonderer Dienste zeichnete er sich durch seine heldenmütige Unerschrockenheit 
in den gefahrvollsten Lagen aus. Die Große Silberne und die Goldene Tapfer¬ 
keitsmedaille bildeten die sichtbare Anerkennung seiner besonderen Verdienste. 
So vergingen die Tage bis zum 20. Februar. Obstlt. S e i d l e r wurde zum 
Obersten befördert und dankte aus die ihm dargebrachten Glückwünsche mit 
folgenden Worten: 
„Ich danke allen Angehörigen des Rgts. für die anläßlich meiner Beförderung mir 
entgegengebrachten Glückwünsche. Ich bin stolz, das Kommando dieses tapferen Regimentes 
zu führen. Der 4. Februar — Kastelik vrh — ist ein Ruhmesblatt in der Geschichte des 
Rgtes. Soldaten! Ihr habt an diesem Tage einen vierfach überlegenen Feind geschlagen: 
mit Ehrfurcht gedenken wir der Tapferen, die als Helden gefallen sind. Kameraden! Gedenket 
Eures feierlich abgelegten Eides. Haltet aus! Der Feind muß bis über die Reichsgrenze 
getrieben werden. Auf zum Sieg mit Gott für Kaiser und Baterland! S e i d l e r m. p. Obst." 
Am 21. Februar traf das Marschbaon Schallt) ein. Um 15 Uhr knallten 
Schüsse aus der im Rücken liegenden Ortschaft Miklosvölgye. Die Nachforschung 
ergab, daß ein wahnsinnig gewordener Mann der 9. Komp, ziellos 100 Patronen 
verfeuerte. Am Abend langte das Aviso für die Ablösung des Regimentes aus 
dem innehabenden Abschnitt ein. Die Ablösung hatte um 21 Uhr des 23. Februar 
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