Volltext: Sagen aus dem oberen Mühlviertel (1)

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ein schwedischer Krieger durch das Fenster und sah die Gräfin 
hon Riödern“ aus einer großen Schüssel essen; augenblicklich 
schoß er der Frau den silbernen Löffel, den sie eben zum 
Munde führte, von der Hand weg. 
Allnächtlich wandelte aus einem runden Turme des 
Schlosses Berg eine liebliche Mädchengestalt; weinend durch— 
schritt sie einen langen, finsteren Gaͤng, der zu einer Wasser— 
grotte im Garten führte. An der Seite ihres Kleides ein 
Bündlein Schlüssel tragend, blieb die Erscheinung in der Grotte 
cine Weile sinnend siehen und trocknete sich die Tränen ab. 
Dann verschwand sie in einem unterirdischen Gange. Eine bereits 
verklungene Märe erzählt, daß ein grausamer Vater seine Tochter 
in den Turm habe vermauern lassen, weil es Liebe und Treue 
einem armen Burschen geschworen. Noch vor fünfzig Jahren 
soll sich das Fräulein gezeigt haben; auch Gang und Grotte 
war noch da. Ein rundtürmiges Gebaäude, das „Rundell-Häus— 
chen“ genannt, ragt als Spur des runden Turmes am Ein— 
gange in den Gastgarten zu L. Jungwirths „Schloß“Brau— 
haus am Berg. Sogar den unterirdischen Gang kann man noch 
heute im Brauhause sehen. 
Der „Fischgraben“. 
Eine höchst sonderbare Bezeichnung hat die Talung des 
Fischbaches und die sich daranschließende obere Talung der 
kleinen Mühl. Diese Talung heißt „der Fischgraben“ oder 
„das Tal Josaphat“. Den „großen Herren“ dieser Welt wird 
bork über kurz oder lang von dem Bauernvolke das Sünden— 
register und der „Text“ vorgelesen. — Selbstverständlich wird 
sich im „Fischgraben“ auch das „jüngste Gericht“ abspielen. 
Ich hielt anfänglich das ganze für einen Witz; doch wurde 
ich bei Nachfrage in verschiedenen Orischaften eines besseren 
belehrt. Wer „das Tal Josaphat“ überschaͤuen will, der begebe 
sich nach Götzendorf auf den Endpunkt der Hainbuchen-Allee; 
hier genießt man einen herrlichen Ueberblick über das ganze 
Tal: das Auge bestreift es für Peilstein hinaus gegen Julbach.
	        
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