Volltext: Über Land und Meer : deutsche illustrierte Zeitung 2. Band 1902 (44. Jahrgang / 2. Band / 1902)

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Ueber Land und Meer. 
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geschichte des Deutschen Reiches wertvolle Beiträge liefern. 
Schriftstellerisch trat sie erst Ende der siebziger Jahre mit 
ihren „Nordseebildern" an die Oeffentlichkeit. Dann folgten 
zahlreiche Artikel und Essays in den angesehensten Zeit 
schriften und Zeitungen. Bei ihren wissenschaftlichen Arbeiten 
unterstützte sie kein Geringerer mit seinem Rat als Ignaz 
von Döllinger, der treue Freund ihres Hauses, dem sie, 
ebenso wie ihrem Vater, in einer Biographie ein schönes 
Denkmal setzte. Ihre erste große, auf intensivem Quellen 
studium beruhende Publikation von künstlerisch-wissenschaft 
lichem Werte war das Werk „Kunstvolle Miniaturen und 
Handschriften des 4. bis 16. Jahrhunderts"; von bleiben 
der künstlerischer Bedeutung ist das Prachtwerk „Ludwig II. 
und die Kunst"; sensationell wirkte das Buch „Unter den vier 
ersten Königen Bayerns", 
aus dem auch der künftige 
Kulturhistoriker schöpfen 
wird. Was sie schrieb, 
trug den Stempel der An 
mut, originellen Geistes 
und umfassenden Wissens 
ohne jede trockene Gelehr 
samkeit. Obwohl sie in 
den letzten Jahren schwere 
Leiden heimsuchten, fand 
sie doch jeder Tag am 
Schreibtisch in ernstem 
Studium. Vor wenigen 
Wochen noch erfreute sie 
die Verehrer Joseph Viktor 
Scheffels mit einer fein 
sinnigen Zusammenstellung 
von Briefen des Dichters 
an ihren ihm innig be 
freundeten Gatten und sie 
selbst. Trotz ihrer reichen 
Begabung und ihrer regen 
schriftstellerischen Thätigkeit 
ectuarä von Sauernfelci. suchte und fand aber Luise 
von Eisenhart ihr 
Hauptglück im Fa 
milienkreise, und wer 
sie in ihrem Hause, 
das lange Jahre 
einen Sammelpunkt 
geistigen Lebens bil 
dete, schalten sah, ver 
ehrte in ihr nicht nur 
die geistvolle, hoch 
gebildete Schriftstelle 
rin, sondern vor allem 
auch die liebenswür 
dige Hausfrau. 
rideoäor Sack. 
— Einer der be 
deutendsten Kirchen 
geschichtslehrer und 
Kunsthistoriker ist mit 
I)r. Franz Xaver- 
Kraus dahingeschie 
den, der in San Remo, 
wo er Genesung 
suchte, am 29. De 
zember verstarb. Zu 
Trier am 18. Sep 
tember 1840 geboren, 
studierte er in Frei 
burg, Bonn und Pa 
ris, empfing 1864 die 
Priesterweihe und 
wurde 1868 Pfarrer 
in Pfalzel bei Trier. 
Nachdem er sich durch 
mehrere Schriften aus 
d em G ebiete d er christ- 
lichen Kunst und Archäologie einen Namen gemacht hatte, 
wurde er 1872 zum außerordentlichen Professor der Geschichte 
und christlichen Archäologie an der neu errichteten Straßburger 
Universität ernannt und nahm 1878 einen Ruf als ordentlicher 
Professor der Kirchengeschichte an der Universität Freiburg 
an. Er war Doktor der Theologie und Philosophie, und als 
vor kurzem die Pester Universität ihr Jubiläum feierte, er 
nannte ihn die dortige Juristenfakultät zu ihrem Ehrendoktor. 
In diesen Titeln spiegelt sich die außerordentliche Vielseitig 
keit des Mannes wieder, der, ausgerüstet mit einem umfassen 
den Wissen aus dem Gebiet der allgemeinen Geschichte und 
der Kitchengeschichte, der Politik wie der Kunstentwicklung, 
zu den glänzendsten Trägern des freisinnigen Katholizismus 
gehörte. Die von ihm verfaßten Schriften sind sehr zahlreich; 
sein vor vier Jahren erschienenes großes Dante-Werk ge 
hört zu den bedeutendsten über den Dichter der „Göttlichen 
Komödie". Auch publizistisch war Kraus von eifriger Thätigkeit; 
die in der Münchener „Allgemeinen Zeitung" unter dem Pseudo 
nym „Speetator" 
veröffentlichten 
„Kirchenpoliti 
sch enBriese" rühr 
ten von ihm her. 
Als Universitäts 
lehrer erfreute sich 
der Verewigte der 
höchsten Ver 
ehrung. 
— Der Ge 
schichtsmaler 
Max Adamo, 
der am 31. De 
zember v. I. im 
Alter von 64Jah- 
ren starb, gehörte 
zu jener Genera 
tion der Münche 
ner Künstler, die 
noch von Wilhelm 
von Kaulbach 
und Moriz von 
Schwind beein 
flußt worden war. 
Anfangs ein 
Schüler von Phi 
lipp Foltz, schlug 
er eine Richtung 
ein, die zwischen 
jenen beiden Meistern zu vermitteln suchte, und in dieser Art 
hat er auch einige Fresken im bayrischen Nationalmuseum ge 
malt. Als dann das glänzende Gestirn Karl von Pilotys 
aufging, schloß sich ihm Adamo mit Begeisterung an, und es 
gelang ihm bald, in seinen Geschichtsbildern ähnliche koloristische 
Aufn. von Hofphot. Baumaim, München. 
IZllgo von Tiemssen ch. 
Wirkungen zu erzielen 
wie sein Meister. 
Seine Stoffe wählte 
er mit Vorliebe aus 
dein Aufstand der 
Niederlande und aus 
der englischen und 
französischen Revolu 
tion. Seine Haupt 
werke dieser Art -- 
Herzog Alba läßt 
niederländische Große 
zum Tode verur 
teilen, Oraniens letzte 
Unterredung mit Eg-, 
mont, Karl I. Begeg 
nung mit Cromwell 
und dem Parlaments 
heere bei Childer- 
!ey, die Auflösung 
des langen Parla 
ments durch Crom 
well und namentlich 
der Sturz Robes- 
pierres im National 
konvent (in der Ber 
liner Nationalgalerie) 
— zeichnen sich eben 
sosehr durch Ener 
gie der Charakteristik 
wie durch dramatische 
Kraft und durch leuch 
tenden Glanz des 
Kolorits aus. Adamo 
schien berufen, die 
Geschichtsmalerei der 
Pilotyschen Schule mit neuem Leben zu erfüllen, aber seine 
Kraft war dieser Ausgabe auf die Dauer nicht gewachsen. 
Im letzten Jahrzehnt seines Lebens ist er künstlerisch nicht 
mehr hervorgetreten, und erst bei der Nachricht von seinem 
Tode erinnerte man sich wieder der kurzen Glanzzeit, die 
Adamo in den siebziger Jahren durchlebt hat. 
— In der Nacht zum 21. Januar verschied in München 
Geheimrat Professor Dr. Hugo von Ziemssen, der berühmte 
Kliniker. Am 13. Dezember 1829 in Greifswald geboren, 
machte er die ersten medizinischen Studien in seiner Vater 
stadt, woran sich weitere Studien in Berlin und Würzburg 
schloffen. Im Jahre 1856 habilitierte er sich in Greifswald 
als Privatdozent und wurde Assistent von Niemeyer und 
Rühle. 1864 wurde er als Professor der Therapie und Patho 
logie nach Erlangen berufen, von wo er 1874 als Leiter der 
ersten medizinischen Klinik und Direktor des großen Kranken 
hauses links der Isar nach München berufen wurde. Wie 
sich Ziemssen um die Sanitätsverhältnisse der bayrischen 
Hauptstadt unvergängliche Verdienste erwarb, so wirkte 
er durch seine Forschungen und Schriften fruchtbringend 
für die medizinische 
Wissenschaft der ge 
samten Welt. Sei 
tens der Regierun 
gen, der Akademien 
und Universitäten 
wurden ihm die 
höchsten Ehren er 
wiesen; für seine 
aufopfernde Thä 
tigkeit im Feld 
zuge von 1870/71 
erhielt er das 
Eiserne Kreuz. 
- Ernst Wi 
ch er t, der erfolg 
reiche Bühnen- und 
Romandichter, ist 
am 21. Januar in 
Berlin dahin 
geschieden. Zu 
Insterburg am 11. 
März 1831 geboren, 
widmete er sich der 
Rechtswissenschaft 
und wurde, nach 
dem er etliche Jahre 
in kleinen Ort 
schaften Litauens 
thätig gewesen, 1877 
an das Oberlandes- 
Mit Genehm, von I. C. Schaarwächter, Hofphot., Berlin. gericht ZU Königs- 
Srn-t Mich-rt f. berg berufen. Von 
hier kam er l887 als Kammergerichtsrat nach Berlin und trat 
1896 mit dem Titel Geheimer Justizrat in den Ruhestand. 
Der deutschen Bühne hat Wichert eine Reihe wirksamer Stücke 
geliefert — es seien vor allem „Narr des Glücks" und „Ein 
Schritt vom Wege" erwähnt —, und auch im Roman wie in 
der Novelle schuf er Hervorragendes. Sein Bestes gab er in 
jenen Erzählungen, deren Stoff seinem heimatlichen Boden 
entlehnt war. In seinen „Littauischen Geschichten" befinden sich 
Perlen deutscher Novellistik. 
Don Jose Caamano, vormals Präsident des süd 
amerikanischen Freistaates Ecuador, 4 Sevilla. — Opern 
komponist Filippo March etti, 67 I., 4 18. Jan., Rom.— 
Kardinal dell' Olio, Erzbischof von Benevent, 65 I., 
4 18. Jan. — Prof. Dr. Emil Selenka, Autorität auf dem 
Gebiete der Zoologie und vergleichenden Anatomie, 54 I., 
4 20. Jan., München. — Landschaftsmaler Karl Ludwig 
Fahrbach, 67 I., 4 20. Jan., Düsseldorf. — Komponist und 
Kapellmeister Joseph Kopetzky, 62 I., 4 20. Jan., Wien. 
— Gouverneur Köhler von Togo, 4 21. Jan., Lome 
(Deutsch-Westafrika).
	        
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