Volltext: Über Land und Meer : deutsche illustrierte Zeitung 3. Band 1902 (44. Jahrgang / 3. Band / 1902)

Ueber Cand und Meer 
„— ist — eben — die Henne — geschwinder 
— als der, Gockel — oder — meint — Ihr — 
anders — Herr Florian — Abendschein?“ sagte 
Hilde, die Magd, im langsamen, näselnden Tone 
des alten Soldaten, und die Mägde an der 
Schenke kreischten vor Vergnügen. 
„Die kann sich alles 'rausnehmen, die! So 
wenn unsereiner käm', nur halb so frech!“ brummte 
der graue Knecht vernehmlich. 
„Maul halten!“ gebot ihm der Hofpfortner 
mit Würde. „Weiß dieser und jener, ja, ge— 
schwinder, das sind sie auch in vielen Stücken, 
die Weiberleute, viel geschwinder als wir Manns— 
leute. — Aber nun vorwärts! Was steht ihr 
und gafft?“ wandte er sich zu den Knechten. 
„Hurtig, hurtig! Das Grünzeug aufklauben, das 
Reisig aus dem Wege! Hurtig, immer hurtig! 
Wenn uns nur das Wetter keinen Streich spielt und 
der Regen das griechische Feuer nicht auslöscht, 
heut' abend!“ Er wandte sich schwerfällig und 
betrachtete prüfend die Wolken. „Und das sag' 
ich euch, klappen muß die Geschichte, klappen wie 
rechts und links, wie Blitz und Knall —!“ Er 
wandte sich abermals und blinzelte zärtlich nach 
der Magd: „Wie Blitz und Knall, und wie 
Schmätzlein und Küßlein“““““ 
‚n alter Geck!“ brummte der graue Knecht. 
„Was?“ schrie der Vogt. 
„Alles ist weg,“ beeilte sich jener zu sagen. 
Hilde, die Magd, aber rief: „Ei, Herr Florian, 
was wißt denn Ihr von Schmätzlein und Küß— 
lein, Herr Florian?“ ——— 
„Ich? Na, da ist eine aber doch sehr auf 
dem Holzweg, muß ich bitten! Da könnt' ich 
erzählen, wenn —“ Er hielt inne und fuhr ver— 
legen über seinen Mund. „Blitz und Knall, Hilde, 
Blitz und Knall, das muß ich doch wohl kennen 
aus meinen Feldzügen — oder nicht?“— 
„Ei, ei, Herr Florian“!“!!! —— 
„Als ein altgedienter Soldat, Hildchen!“ 
„Ei, ei, ei, Herr Florian!“ —9538 
Mit lauter Stimme rief der Hofpfortner in 
den Wald: „Ihr da drinnen, hört ihr? Habt 
ihr alles fein vorbereitet, daß der Schein des 
griechischen Feuers hierher fällt heute nacht und 
Seine Fürstliche Gnaden und die ganze gnädige 
Herrschaft anleuchtet mit himmlischem Glanze, 
kurzum, daß es klappt wie Blitz und Knall?“ 
„Fertig, Herr Florian!“ kam die Antwort 
zurück, und ein paar Knechte traten aus dem Walde. 
„Na, dann ist's recht,“ sagte der Hofpfortner 
und stellte sich mit gespreizten Beinen vor den 
Holzstoß. „So, nun geht!“;! 
Murmelnd und kichernd und lachend schickte 
sich das Gesinde zum Heimweg an, und der Hof— 
pfortner wartete, bis die ersten im Walde ver— 
schwunden waren, dann rief er befehlend: „Alle, 
nur die Hilde bleibt!““! 5 
„Und warum, Herr Florian?“ fragte die Magd 
und wandte sich halb zurukce. — 
Weil ich's befehle!“ entschied der Hofpfortner. 
„Alle ab, alle andern ab!“““ 
„Befehle?“ wiederholte die Magd schnippisch, 
vährend die andern mit Lachen gar im Walde 
oerschwanden. „Ich hab' meine Arbeit gethan, 
und ich kann auch gehen.“ I 
„Kraft meines Amtes!“ erklärte der Vogt 
and wollte es rauh hervorbringen. Aber es ge— 
lang ihm nicht. „Hilde!“ sagte er zärtlich. 
„Aber Florian!“ murrte die Magd. 
„Aber Hilde, merkt's eine denn nicht, warum 
sch mir eine zurückhalte?“ Er kam mit verliebten 
Aeuglein naäher. J 
„Aber Florian!“ platzte Hilde, die Magd, los 
ind streckte ihm die Fäuste entgegen. „Das kann 
doch jeder merken, der nit gerade auch vernagelt 
sst. Warum sollt's denn allein ich nit merken?“ 
„Na, Hilde,“ sagte der alte Soldat mit selbst— 
zefälligem Lachen und strich den langen Bart, 
„diesmal hab' ich's aber doch fix gemacht? Dies— 
nal hat's doch geklappt wie Blitz und Knall? 
Diesmal bin ich kraft meines Amtes fixer gewesen 
als die Henne, und das muß einer Gewissen doch 
gefallen haben — nicht?“ 
„Zugetappt seid Ihr, wie 'n alter Brumm— 
»är, Florian,“ greinte Hilde. „Und ins Gerede 
»ringt Ihr mich, und bin ich denn nit ein ordent— 
iches Ding, das was hält auf sich, und ist etwa 
einer, der mir Böses nachsagen kann — nu?“ 
„Aber Hilde,“ bat der alte Soldat und kam 
ganz nahe heran; „aber Hilde, so greine doch 
nicht! Was wir zwei miteinander haben, das 
ümmert keinen nichts. Aber greine doch nicht!“ 
And er wollte ihre Wange streicheln mit großer 
Zärtlichkeit. 
Entrüstet wich die Magd zurück und funkelte 
ihn zornig an wie eine Katze: „Aber wir zwei 
beide haben doch gar nichts miteinander?“ 
„Jwas, Hilde, so sei doch nicht unklug!“ 
begann der alte Soldat. „Schau mich an, ich 
hin 'n ehrlicher Kerl, kein junger Springinsfeld 
und Tausendsasa, hab' ehrliche Absichten, hab' 'n 
gut Stück Leben hinter mir —“ 
„Jawohl, das klappt alles wie Küßlein und 
Schmätzlein,“ murrte die Magd und stemmte die 
Arme in die Seiten. „Weiß alles, bin nit so 
dumm, wie Ihr ausseht!“ 
„Ach was, das hab' ich ja doch nur gleichnis— 
weise gesprochen!“ brummte der alte Soldat. 
„Nimmt jeder, was ihm zum Gleichnis am 
gätlichsten liegt, Florian!“ — 
NMu ja denn, Hilde, das wäre mir freilich 
sehr gätlich gelegen,“ schmunzelte der Hofpfortner. 
„Wenn ich's nur auch nehmen dürfte vom Fleck 
peg Und er versuchte, den Arm um sie zu 
egen. 
Die Magd schlug ihn auf die Hand, daß es 
klatschte: „Ich bin aber keine von denen, die sich 
oom Fleck lassen wegnehmen und sich wegwerfen 
an den nächstbesten Schnauzbart.“ —— 
„Aber Hilde,“ sagte der Freier gutmütig, 
„was läßtomich denn eine zappeln wie der Bub' 
den Maikäfer am Schnürlein? Ich bin 'n ehr— 
licher Kerl, ich bin 'n alter Soldat, und also
	        
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