Volltext: Das neue Europa und seine historisch-geographischen Grundlagen

I. >land. 
Nicht ohne Grund setzen wir die Erörterung der irischen Frage an die 
spitze des besonderen Teils. Nicht nur, weil wir bei unserer Betrachtung von 
Westen nach Osten gehen, sondern weil sie von zentraler Bedeutung für ganz 
Europa ist. Die Beherrschung Irlands bildet, wie wir schon im allgemeinen 
Teil sahen, den Grund- und Eckstein der britischen Großmachtstellung in 
Europa. Sk allein ermöglicht erst wieder die unumschränkte bserrsck^aft Eng- 
lands zur See, und deshalb l>aben Mächte, die mit England im Kampfe lagen, 
immer wieder versucht, die irische Nachbarinsel zum Stützpunkt eines mittel 
baren Angriffs auf England zu machen: so Spanien (5.79—83, Frankreich 
(69( und \7ty6—(805, Deutschland (9(5—(7. 
Die Unbekanntschaft mit Irland läßt dieses Land leicht unterschätzen. Es 
umfaßt eine Fläche von 84 000' Quadratkilometer, ist also so groß wie Portugal 
oder wie das rechtsrheinische Bayern mit Württemberg, und besteht aus einer 
flachwelligen Ebene von 50—(00 Meter Meereshöhe, die am Bande, besonders 
im Süden und Norden, von Gebirgserhebungen (bis zu (000 Meter) um 
säumt wird. Das Klima ist unter der Einwirkung des Ozeans mild und sehr 
feucht, die Wärmeschwankung gering (Jan. -4-5°, Juli + (5°), der Wasserreich 
tum infolgedessen außerordentlich; man zählt nicht weniger als 257 selbständige 
Müsse und Flüßchen, darunter als größten den Shannon von 520 Kilometer 
schiffbarer Cävtge. Der Boden ist zum großen Teil sehr fruchtbar, mit seinen 
immergrünen weiden namentlich zur Viehzucht hervorragend geeignet, während 
der Getreidebau (mit Ausnahme von Lstrfer) unter der übergroßen Feuchigkeit 
leidet; die am meisten angebaute Fruch ist seit drei Jahrhunderten die Kartoffel. 
Fast 90 Prozent des Bodens sind, der Kultur gewonnen, den Rest bedecken meist 
große Torfmoore von einer in Europa ganz ungewöhnlichen Mächtigkeit (25, 
ja 40—50 Fuß), die noch wenig ausgebeutet sind. Im Süden erheben sich 
noch herrliche Wälder, Reste einer einst viel ausgedehnteren Bewaldung, die 
neben der Eiche, Buche, Kiefer und der nordischen Birke auch südliche Gäste 
wie die Myrte, den Lorbeer, die Platane und Zeder beherbergen. Reich ist 
Irland auch an Bausteinen, wie Granit, Marmor, an Ton und Porzellan 
erde; Eisenerz wird in mäßiger Menge gewonnen. Dagegen herrscht an Kohle 
Mangel, der jedoch z. T. durch die Torfmoore ausgeglichen werden könnte. 
Dabei beherbergt die Insel eine Bevölkerung von nur 4,4 Millionen 
Menschen, während sie bei ihrer Fruchtbarkeit und ihrer günstigen Lage gut 
die dreifache Bevölkerung errrähren könnte; zählt doch selbst das verwahrloste 
Portugal 5,9 Millionen, Bayern r. d. Rh. mit Württemberg 8,7, Belgien mit 
den Niederlanden, obwohl nur drei Viertel der Bodenfläche Irlands umfassend, 
(4,5 Millionten. Die geringe Bevölkerringsdichte (55) wird begreiflicher, wenn 
man sieht, daß Irland, abgesehen von Belfast und Dublin mit Umgebung, 
keine nennenswerte Industrie besitzt. Aber warum hat Irland keine Iirdustrie,
	        
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