Volltext: Braunauer Kalender 1914 (1914)

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Dörfer Aspern und Eßlingen wurden vom Gegner besetzt und seine Vortruppen 
bis nahe an den rechten Flügel der österreichischen Aufstellung bei Hirschstetten vor¬ 
geschoben. 
Der Generalissimus Erzherzog Karl hatte am 21. um 10 Uhr vormittags die 
Disposition zur Schlacht erlassen, wonach der Angriff in 5 Kolonnen unternommen 
werden sollte, deren jede um 12 Uhr mittags aufzubrechen hatte. Hauptabsicht war, 
tote schon vorher erwähnt: „Den Feind ganz über die ersten Arme der Donau zurück¬ 
zuschlagen, seine Brücken über solche zu zerstören und das Ufer der Lobau mit einer 
zahlreichen Artillerie, besonders Haubitzen, zu besetzen." 
Die 1. oder rechte Flügelkolonne bildete das 6. Korps unter FML. Baron 
Hiller. Sie war bestimmt, zwischen Spitz und Leopoldsau längs des linken Donau¬ 
ufers abwärts gegen Stadlau und Aspern vorzurücken. Nächst der Donau und den 
Auen vorgehend, sollte sie trachten, den Feind vom linken Ufer zurückzudrängen. 
Die anderen Kolonnen erhielten dementsprechende Weisungen. 
Punkt 12 Uhr mittags setzten sich die Kolonnen in Marsch und um 2 Uhr 
30 Minuten stieß die Vorhut des FML. Baron Hiller unter dem Befehl des Generals 
Baron Nordmann auf den Gegner. 
Kaiser Napoleon hatte die Nacht vom 20. auf den 21. benutzt, um soviel 
Truppen als möglich in ununterbrochenem Marsch auf das linke Donauufer zu 
bringen, sodaß ant 21. morgens der linke französische Flügel und das 4. Korps unter 
Marschall Massen« Aspern und die westlich von diesem Ort gelegenen Auen besetzt hatte. 
Der Gegner, in richtiger Erkenntnis von der Wichtigkeit dieses Ortes für feine 
Stellung, verteidigte sich mit der größten Hartnäckigkeit und als Massen« frische 
Truppen in das Gefecht brachte, gelang es ihm nochmals, den Angreifer zurückzu¬ 
werfen. 
Da drang die Hauptkolonne des 6. Korps unter FML. Baron Hiller in die 
Gemeinde-Au ein und griff Aspern erneuert an. Bei dieser Kolonne befand sich auch 
das 59. Regiment. Wiederholte Stürme wurden unternommen, ein jedes Bataillon 
trachtete nach der Ehre, mit dem Gegner handgemein zu werden und es entstand 
ein Kamps, bei welchem die Tätigkeit eines einzelnen Truppenkörpers nicht getrennt 
geschildert werden kann, da bei dem kleinen Raume, um den es sich handelte und 
bei dem verzweifelten Widerstände des tapferen, siegesgewohnten Gegners, jedes 
Objekt einzeln genommen werden mußte, öfters wieder verloren ging und neuer¬ 
dings zurückerobert wurde. Ein jeder Soldat war ein Held. Schon zwei Stunden 
dauerte das Ringen um den in hellen Flammen stehenden Ort und dreimal war 
derselbe verloren und wieder erstürmt worden, als Märschall Massen« nochmals 
zum Angriffe mit frischen Truppen vorging und, wenn auch mit ungeheuren Ver¬ 
lusten, neuerdings Aspern in Besitz nahm. 
Da gab gegen 5 Uhr der Generalissimus Erzherzog Karl den Befehl, einen 
allgemeinen Sturm auf Aspern zu unternehmen: „Koste es, was es wolle". 
Auch Teile des 6. Korps, darunter das 1. Bataillon des Regimentes, erhielten 
von FML. Hiller den Befehl, an diesem Sturm von der Gemeinde-Au aus teil¬ 
zunehmen und gegen die Kirche und den Friedhof vorzudringen, deffen Umfassungs¬ 
mauer niedergelegt worden war, um dem Gegner diese gute Deckung zu entziehen. 
Als der allgemeine Sturm beginnen sollte, sprengte Erzherzog Karl heran und be¬ 
geistert durch den Zuruf des heldenmütigen Führers: „Fürs Vaterland, mutig vor¬ 
wärts", stürzten sich die tapferen Truppen auf den Feind. Eine volle Stunde währte 
das Handgemenge; jedes Haus, Keller, Dachböden, sogar Bäume mußten einzeln ge¬ 
nommen werden, bis das von 12.000 Mann der besten feindlichen Truppen ver¬ 
teidigte Dorf erobert nnd nunmehr gegen alle an diesem Tag noch versuchten feind-
	        
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