Volltext: Innviertler Heimatkalender 1925 (1925)

entzogen werden darf. Ein Aderlaß ist kein gleichgiltiger Eingriff, 
darf aber nur von einem Arzte ausgeführt werden. 
MmddarmMlMNdUNg. Die meisten Blinddarm-Erkrankungen 
bringen oft eine Nervosität in die Familiie. Man Weiß oft nicht, 
was es ist, im letzten Moment erkennt man erst die Gefahr. Wenn 
man von Blinddarmentzündung spricht, so meint man eigentlich 
nicht den Blinddarm, sondern man meint eine Entzündung des 
Wurmfortsatzes, eines Anhanges des Blinddarms!. Somit ist die 
Benennung der Krankheit als „Blinddarmentzündung" unrichtig, 
denn nicht der Blinddarm ist dabei erkrankt, sondern der an ihm 
befestigte sogenannte wurmförmige Fortsatz, welcher als Ueberrest 
eines bei vielen pflanzenfressenden Tieren mächtig entwickelten Darm¬ 
teiles beim Menschen zurückgeblieben ist. Ob diesem verkümmerten 
Organ beim '‘Menschen überhaupt eine Ausgabe zukommt, ist nicht 
Hekannt; jedenfalls hat die Erfahrung gelehrt, daß seine Entfernung 
keine schädlichen Folgen nach sich zieht. 
Trotz seiner Kleinigkeit — er hat ettola Bleistiftdicke und ist 
ungefähr sieben bis zwölf Zentimeter lang —■ ist das Organ der 
Ausgangspunkt der schwersten Leiden, wenn es sich entzündet. Wo¬ 
durch die Entzündung entsteht, ist noch fraglich; Menschen, die an 
Stnhlverstopsung leiden, scheinen auch eine Anlage zur Blinddarm¬ 
entzündung zu haben und dieser Umstand erklärt vielleicht auch daA 
Vorkommen der Erkrankung bei mehreren Mitgliedern einer Fa¬ 
milie, da ja auch die Hartleibigkeit in vielen Familien vererbt wird'. 
Besonders schwere Fälle von Blinddarmentzündung werden nicht 
selten unmittelbar nach schweren Mandelentzündungen beobachtet. 
In die enge Lichtung des wUrmsörmigen Fortsatzes dringt vom 
Blinddarm her oft Stuhl ein, wird mit der Zeit eingedickt und zu 
einem sogenannten Kotstein geformt. Es ist hiebei jedenfalls auffallend, 
daß bei den schwersten Fällen von Appendizitis — dies der chirur¬ 
gische Name der Krankheit — fast regelmäßig ein solcher Kotstein 
im erkrankten Wurmfortsatz gesunden wird. Die allgemein bekannte 
Tücke und Gefahr der Erkrankung ist dadurch begründet, daß inner¬ 
halb weniger 'Stunden Teile des Wurmfortsatzes oder auch das 
ganze Organ durch eitrige Entzündungen zerstört sein können, bran¬ 
dig werden. Die im Innern des Fortsatzes angesammelten Bak¬ 
terien der bösesten Art treten nun in die freie Bauchhöhle aus und 
erzeugen hier eine Bauchfellentzündung. Bei ev. sehr stürmischem Ver¬ 
lauf kann auch eine Operation, die sofort nach den ersten Schmerzen 
vorgenommen wird, manchmal keine Hilfe mehr bringen. Sehr viele 
Kranke sind anderseits auch bei schon bestehender allgemeiner Bauch¬ 
fellentzündung mit Erfolg operiert worden. Zum Glück verläuft 
doch tue recht große Zahl von Krankheitsfällen nicht bösartig'. 
Da aber bei den bösesten Falten die Krankheitszeichen oft so gering¬ 
fügig sind wie bei den leichtesten, haben sich die Aerzte allmählich 
dahin geeinigt, alle Fälle von Blinddarmentzündung ohne Rück¬ 
sicht auf die SchWere der Krankheitszeichen operieren zu lassen. 
Seatdern hat die Prozentzahl der Todesfälle, die sonst der Krank¬ 
heit (vielfach verkannt und als Darmlähmung und Darmverwick¬ 
lung angesehen) zum Opfer gefallen sind, wesentliche abgekommen.
	        
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