Volltext: Innviertler Heimatkalender 1917 (1917)

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er nach wiederholter Einladung zu ihm. Der betreffende Herr fährte ihn in den 
Salon, zeigte ihm dort zwei Oelgemälde (Porträts) nnd fragte Streußenberger, _ ob 
er den Maler derselben kenne. Dieser war ganz ergriffen, murmelte einen leisen 
Fluch nnd sagte dann: „Wenn ich das wirklich in meiner Jugend gemalt habe, so 
wäre es an der Zeit, mich jetzt zu erschießen, da ich ein solcher Stümper geworden 
bin". Der Herr beruhigte ihn und sagte lächelnd, daß er ihn nicht zu diesem Zwecke 
eingeladen habe, nahm die Bilder von der Wand und nun sah Streußenberger seine 
eigenhändige Unterschrift, woranf er sich mit dem Gedanken zufrieden gab, daß er 
auf seine früheren Leistungen stolz fein könne. 
Mit berechtigtem Stolz erzählte feine Frau folgendes Vorkommnis: Sie machte 
einst mit ihrer Freundin einen Ausflug in deren Heimat Goisern, woselbst sie eine 
kleine Partie unternahmen. Ich muß nebenbei erwähnen, daß beide Frauen recht 
jung und hübsch waren. Als sie abends nach Hause fahren wollten, war kein Schiffer 
auszutreiben, der sie über den See gerudert hätte, worüber sie untröstlich waren. 
Zudem sahen sie, wie auf einigen Booten eine sehr feine Gesellschaft einstieg, und 
als sie hörten, daß diese in der gewünschten Richtung fahre, fragten sie einen Herrn, 
der auch eben einsteigen wollte, ob sie denn da nicht mitfahren dürften. Dieser ver¬ 
neinte es mit einem sonderbaren Lächeln. Nun waren die zwei Frauchen in heller 
Verzweiflung, was man in dem Schiffchen, in das der Herr einstieg, bemerkte. Eine 
Dame fragte ihn, was die beiden „Mädchen" gewollt, nnd nachdem er Bescheid 
gegeben, kam er wieder zu den beiden Trostlosen znrück und sagte: „Sie haben 
Glück, es ist ihnen gestattet, mitzukommen." Nachdem sie sich, wie sie gleich heraus¬ 
gefunden, bei der vornehmen Dame herzlich bedankt hatten, richtete diese einige Fragen 
an sie, und als die eine sagte, sie sei die Frau des akademischen Malers Streußen¬ 
berger in Frankenburg, fragte die Dame: „Streußenberger? Dieses Namens er¬ 
innere ich mich oft und gern, dieses — sie zeigte auf ihre Brosche und ihr Armband, 
in welchen sich kleine Miniaturporträts, auf Elfenbein gemalt, befanden — hat 
auch ein Streußenberger gemalt." Die junge Frau besah sich die Gegenstände und 
sagte ganz überzeugt: „Gnädige Frau, dies hat ganz gewiß mein Mann gemalt, ich 
kenne feine Bilder genau!" Lächelnd erwiderte die Dame: „Dieser Mann würde 
sicher nicht in einem so kleinen Orte wie Frankenburg verweilen," worauf ihr die 
erregte Frau mitteilte, daß ihr Mann im Jahre 1827 in der Akademie in Wien den 
ersten und zweiten Preis erhalten hätte. Und sie erzählte ihr ganz haarklein auch 
den Grund, warum er seinerzeit von Wien fortging. „Das stimmt allerdings," 
sprach die Dame, „und nun sagen Sie ihrem Manne: Die Kaiserin Maria 
Luise trägt stets mit Vergnügen die von ihm gemalte Garnitur." 
Der Schreck fuhr den jungen Frauen in die Glieder und sie atmeten erleichtert auf, 
als sie am Ufer landeten. 
Auf Streußenberger zurückkommend, möchte ich erwähnen, daß er ein biederer 
Charakter und daß ihm alles Prahlerische fremd war, was sich ans Nachstehendem 
erkennen läßt. Auf feinem Schild stand: Franz Streußenberger, aedtn. Portrait- und 
Historienmaler." Da gab es nun bei manchen Leuten ein Studieren, was dies denn 
heißen solle, und hie und da hörte es sich ganz urgötzlich an, wenn jemand sich 
abmühte, das a-c-d-m-P-o-r-t - usw. zusammenzubuchstabieren, und 
dann unter Kopf schütteln sagte: Was soll denn das heißen ? Seine Frau wußte 
ihn zu bewegen, einen anderen Schild anbringen zu lassen, auf dem nur „Franz 
Streußenberger, Maler" stand. Und er begnügte sich in dem Gedanken, daß man 
ja feine Leistungen jetzt ohnedies schon genügend kenne und er Unwissenden manche 
Mühe erspare. 
Daß er ein treuer Freund sein konnte und wollte, brachte ihm einst, wie er
	        
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