Volltext: Innviertler Heimatkalender 1917 (1917)

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des Deutschtums in Oesterreich gehabt hätte, dsVsrc wollen wir Heide nicht reden. 
Genug, an dem Widerstreben Preußens, das einen solchen MachtzuwachZ Oesterreichs 
nicht dulden wollte, zersplitterten jene Pläne und Kaiser Josef II. mußte sich schließlich 
mit dem begnügen, was schon Josef I. im Jahr 1709 als wünschenswert bezeichnet 
Hatte: mit dem Jnnstrom als eine natürliche Grenze zwischen Bayern 
und Oesterreich. So wurde also das Jnnviertel österreichisch. „Es ist ein. Winziger 
Gegenstand," schrieb Josef, nachdem er unser Gebiet durchreist hatte, an seim Mut¬ 
ter, „wenn man daran denkt, was vielleicht hätte gelingen sönnen1); aber a« und» 
für sich ist dieser Landstrich schön und gut und für Oberösterreich sehr gelegen." 
Und wieder nur kurze Zeit, so zog der Krieg auss neue über unsere Felder. 
Diesmal aber ging es um die Neugestaltung Europas selbst! Ein Jahr vor dem 
Ausbruche des Weltkrieges haben wir allerorten Feste gefeiert in der Erinne¬ 
rung an das denkwürdige Jahr 1813, das Deutschland und Oesterreich-Ungarn 
nach langen Kriegsjahren den Sieg erringen, Freiheit und Unabhängigkeit von fran¬ 
zösischer Herrschaft gewinnen sah. Ehe das aber gelang, war es schlimm genug ge» 
wesen! Mit wuchtigen Schlägen hatte Napoleon das alte Europa zerschlagen. 
Das Deutsche Reich war zusammengebrochen, es gab seit 1806 keinen deutschen 
Kaiser mehr. Preußen war 1806 und 1807 auf die Hälfte seiner Besitzungen zu- 
MÄgedrängt worden, Oesterreich war besiegt und gedemütigt worden, am tiefsten 
tm Jahre 1809. Noch ehe es soweit gekommen war, war am 12. Juli 1806 der 
schmähliche Rheinbund gegründet worden, ein Bündnis der süddeutschen Fürsten 
mit Napoleon. Fast ganz Süddeutschland sollte nach diesem Vertrage „auf ewige 
Seiten" von dem Gebiete des deutschen Reiches geschieden werden. Damit hatte die¬ 
ses natürlich aufgehört zu bestehen, die süddeutschen Staaten (also auch Bayern) 
bildeten mit Frankreich zusammen die „Rheinischen Bündnisstaaten" trnb waren nach 
dem Artikel 35 jenes Vertrages zu Waffenhilfe verpflichtet, wenn Frankreich in einen 
Festlandskrieg verwickelt werden sollte. Das geschah nur zu bald! Erinnern wir uns 
nur an das Jahr 1809! Trotz Aspern wurde Oesterreich niedergezwungen und mußte 
den teuren Flieden zu Wien (14. Okt. 1809) schließen. Und in diesem Frieden mußte 
es auch das Inn viertel nebst einem Teile des Hausruckviertels, von Salzburg 
und anderen Ländern ganz zu schweigen, abtreten. Es war klar: mit unserem Ge¬ 
biete sollte der Bundesgenosse Napoleons, Bayern nämlich, entschädigt werden. Aber 
erst am 12. September 1810 wurde das Jnnviertel in Frankfurt a. M. wirklich 
an Bayern übergeben; bis dahin wurde es von Frankreich selbst verwaltet. Neun 
Monate lang (vom 5. Januar 1810 an) hatte in Rieb die „Provisorische Franzö¬ 
sisch Kaiserliche Laubeskommission" ihren Sitz. 
Am 21. September 1810 würbe von den Fenstern des Rreber Rathauses aus 
unter Trommel- und Paukenschall die Uebergabe des Jnnviertels an Bayern ver- 
kiinbet. Bald erschien auch eine bayrische Hofkommision, welche die Verhältnisse nun 
wieder bayrisch regeln sollte. Die Landgerichte Schärding, Obernberg unb Wichten- 
ftein wurden bem Unterbonaukreise (Mittelpunkt Passau), bie übrigen bem Salzach¬ 
kreise zugewiesen, ber seinen Mittelpunkt in Salzburg erhielt. 
Aber auch bei biefer Einteilung sollte es nicht lange bleiben. Das Weltgericht 
selbst schien ja burch bie furchtbare Niederlage Napoleons in Rußland, Winter 1812, 
Europa das Zeichen zu geben, baß nun ber Augenblick gekommen sei zu einem letzten 
Versuche, bie verlorene Freiheit wiederzugewinnen. Unvergessen ist es, wie Preußen 
bie Fahnen erhob, wie sich Oesterreich, als alle friebltchen Mittel nutzlos verbraucht 
waren, ben Verbünbeten anschloß unb am 12. August 1813 Napoleon bot Krieg 
erklärte. 
i) Das Jnnviertel zählte damals nur 60-80.000 Einwohner.
	        
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