damals, vor allem aber die Leute der späteren Jahrhunderte, die an seinem merk¬
würdigen Grabdenkmale vorübergingen, konnten es sich gar nicht anders denken,
als daß der lange Bart die Ursache seines Todes gewesen sein müsse. Der Bart
reichte ja noch eine Spanne über die Füße hinaus — hat es da nicht einen Augen¬
blick rot Leben des Staininger gegeben, wo er der gewohnten Vorsichtsmaßregel,
ihn dreimal um den Körper zu wickeln, vergaß ? In allen, die mit neugierigen
Augen seinen schönen Bart betrachteten, mußte das Gefühl entstehen, es sei damit
für den Träger eine große Gefahr verbunden gewesen.
Die Sage hat manche Lagen erfunden, in denen der Sturz des Stadthaupt¬
mannes und reichen Handelsherrn über feinen eigenen Bart erfolgt sei: Staininger
hätte beim Ausbruch einer Feuersbrunst in der Hast vergessen, für seinen Bart zu
sorgen und sei deshalb über die Treppe gestürzt. Oder, ein kaiserlicher Reiter sprengt
durch die Laabgasse zur Stadt und meldet des Kaisers Tod, den Tod Rudolf des
anderen, der gar manche Urkunde zum Besten der Stadt Braunau erlassen. Als
Staininger das traurige Wort vernommen, will er zur Treppe hinab — „das war der
Tritt des Todes." So meldet ein alt Gedicht.
Die Staininger wandern — man meint ihrer Religion halber — nach Augs¬
burg aus und nehmen auch den seltenen Bart mit, der zuletzt in der dortigen Buch¬
händlersfamilie Preyß aufbewahrt worden ist. Heute ist er im Germanischen
Museum in Nürnberg zu sehen. Es ist schade, daß dieses Brannauer Wahrzeichen
nicht in der Heimat geblieben ist — doch raunt mir ein Spottvogel ins Ohr —
dann wär es nicht erhalten geblieben!
In der Linzerstraße (jetzt Nr. 21, Weinhaus Hierner) ruft das eiserne Roß
auf einem der höchsten Häuser die Erinnerung an Braunaus traurigste Zeiten wach.
Im Jahre 1743 war's — als die Bayern und Oesterreicher sich wieder einmal
blutig bekämpften, weil der eine Fürst mit seinem Lande nicht mehr zufrieden war. Die
Bayern waren bei Simbach vollständig geschlagen worden und mußten sich nun nach
Braunau zurückziehen. Die Belagerung dauerte eine geraume Zeit. In der Stadt
waren nicht genug Lebensmittel, das Wasser war aus den Stadtgräben abgeleitet
worden. Eine allgemeine Hungersnot war die Folge. Ein Großteil der armen Schanz¬
arbeiter, die an allem Mangel litten, verhungerte. Die Not soll so groß geworden
sein, daß man das letzte Pferd schlachten mußte. Um aber den Schein zu erwecken,
als wären noch genug Nahrungsmittel in der Stadt, hing man die Haut dieses
Pferdes an einer Eisenstange auf das höchste Haus. Zum Andenken daran ließ
man später das eiserne Roß errichten. Auch Notmünzen hat man in jenen Tagen
zu Braunau geprägt, in ihrer Art eine Seltenheit.
Braunau a. I. Josef Stampfl.
Das eiserne Roß.