Volltext: Innviertler Heimatkalender 1912 (1912)

gütigst zur Verfügung stellte, sei auch an dieser Stelle für sein erwiesenes Entgegen¬ 
kommen der wärmste Dank gesagt! 
Weil es sich wirklich lohnt und zur Lebensgeschichte unzertrennlich in engster 
Beziehung steht, sei in gedrängter Kürze noch geschildert 
Die Entstehung und Geschichte des Weihnachtsliedes „Stille Nacht". 
Einfach und bescheiden, wie das Liedlein selbst, ist die Geschichte seiner Ent¬ 
stehung. Diese zu erzählen, überlassen wir dem Schöpfer des Liedes selbst, da eine 
von seiner Hand geschriebene, echte Erklärung vorhanden ist (aus dem Jahre 1854). 
Es war nämlich von der königlichen Hofkapelle in Berlin an den damaligen Chor¬ 
inspektor vom Stifte St. Peter in Salzburg, P. Ambrosius Prennsteiner, eine An¬ 
frage gekommen, ob nicht etwa im Archive des Stiftes das Original des Weihnachts¬ 
liedes „Stille Nacht" von Michael Haydn zu finden wäre. Man hielt also in Berlin 
dafür, daß dieses Lied von Michael Haydn stamme. Der Stiftschordirektor wußte 
jedoch schon, daß das Lied nicht von Haydn, sondern von Gruber komponiert worden 
sei. Grnbers Sohn Felix war damals gerade Singknabe in St. Peter. P. Ambrosius 
fragte ihn nun, ob er das Lied kenne und wisse, von wem es sei. Freudig nannte 
Felix seinen lieben Vater, der ihm und seinen Geschwistern ja so oft schon erzählt 
habe, wie es bei der Entstehung dieses kleinen Liedes zugegangen sei. P. Ambrosius 
forderte nun den damals noch lebenden Vater Franz Gruber auf, die Entstehung des 
Liedes schriftlich wiederzugeben und eine Abschrift des Liedes in richtiger Schreib¬ 
weise beizulegen, welche Schriftstücke nach Berlin geschickt wurden. Der Entwurf zu 
diesem Schriftstücke befindet sich im Besitze des Enkels in Meran. Er lautet: 
„Authentische Veranlassung zur Komposition des Weihnachts¬ 
liedes „Stille Nacht, heilige Nacht". 
Es war am 24. Dezember des Jahres 1818, als der damalige Hilfspriester, 
Herr Josef Mohr, bei der neu errichteten Pfarre St. Nikola in Oberndorf dem 
Organistendienst vertretenden Franz Gruber (damals zugleich auch Schullehrer 
in Arnsdorf) ein Gedicht überbrachte mit dem Ansuchen, eine hierauf passende 
Melodie für zwei Solostimmen samt Chor und für eine Guitarrebegleitung schreiben 
zu wollen. Letztgenannter überbrachte am nämlichen Abend noch diesem musikkundigen 
Geistlichen gemäß Verlangen seine einfache Komposition, welche sogleich in der heiligen 
Nacht mit allem Beifall produziert wurde. Herr Josef Mohr, als Verfasser dieses 
Gedichtes und mehrerer geistlicher Lieder, starb am 4. Dezember 1848 als würdiger 
Vikar zu Wagram im Pongau." 
So lauten die Worte des Franz Gruber, die er mit seiner Unterschrift be¬ 
stätigte. Die Guitarre, welche bei der ersten Ausführung in Verwendung kam, mußte 
als Ersatz der unbrauchbar gewordenen Orgel dienen. Diese Orgel sollte nun Anlaß 
sein zur Verbreitung des Liedes. Der zur Reparatur des Orgelwerkes herbeigerufene 
Orgelbauer Mauracher lernte das Weihnachtslied kennen, nahm es mit in 
seine Heimat ins Zillertal und von dort aus trat das kleine Ding seinen Weg in 
die Welt an. Eine Sängergesellschaft aus dem Zillertale (Geschwister Strasser) sang 
auf ihren Reisen das Lied in Leipzig. Nach ihrem Vortrage ließ man es nieder¬ 
schreiben und veröffentlichte es 1834 zum erstenmal, ohne Angabe, woher es stammte. 
Des Liedes Verbreitung wuchs immer mehr, es drang hin nach Nord und Süd, 
nach Ost und West. Seine Worte und Singweise sprach zu den Herzen, fand den 
Weg zutiefst in die Volksseele und „Stille Nacht" ist dadurch zum Gemeingut aller 
Völker gekommen. Heute singen es die christlichen Neger Afrikas wie die Indianer 
Amerikas. Missionäre brachten es nach China und in Norwegen fand es einer als
	        
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