Volltext: Innviertler Heimatkalender 1912 (1912)

Du gabst ja Tag und Nacht koa Ruah 
Und Arbat wissat'st gnua. 
I geh iatzt mit da Nachbadirn 
Und d' Nachbadirn mit mit; 
Mia gengan in a Wirtshaus nei 
Und trinkan a Heibal Bier. 
Taufkirchen, 
Mitgeteilt von F. Holzinger, 
Sage vom Wildschützen im höhenharte. 
Ein leidenschaftlicher Wildschütze wollte sich „Freikugeln" verschaffen. In der 
Thomasnacht ging er in den Wald, um zur Mitternachtsstunde auf einem abgelegenen 
Kreuzweg Kugeln zu gießen, mit welchen er dann alles Wild sicher treffen könnte. 
Er machte sich den vorgeschriebenen Bannkreis und fing an, unter Zauber¬ 
formeln die Bleikugeln zu gießen. Da aber erschien der böse Feind und versuchte 
durch furchtbare Vorspiegelungen den verwegenen Wilderer aus dem Bannkreis zu 
schrecken, um ihn in seine Gewalt zu bekommen. Zuerst kam der Teufel mit einem 
Heuwagen angefahren, den er scheinbar in den Kreis warf, allein der verwegene 
Schütze ließ sich dadurch nicht aus dem Kreise drangen. Nun versuchte es der Teufel 
auf eine andere Weise; er kam auf einem Wagen mit zwei feurigen Rappen unter 
fürchterlichem Getöse auf den Wildschützen angefahren. Aber der mutige Mann wich 
nicht ans dem Kreise und der Spuck ging vorüber. Zum drittenmal versuchte es der 
Teufel, indem er als wutschnaubender Eber auf den Mann angerannt kam; allein 
das schreckte den Verwegenen schon gar nicht, er stieß dem Ungetüm den Gewehrlaus 
in den schäumenden Rachen, woraus es verschwand. Nun gab es der Teufel auf, 
den ihm überlegenen Menschen zu fangen und dieser goß nun ruhig feine Zauber¬ 
kugeln zu Ende. Den Bannkreis verließ der Mann erst dann, als er das Gebet- 
lauten vom nächsten Kirchturm hörte. Der Wildschütz schoß nun manchen Rehbock 
und Hirschen und konnte sich obendrein noch unsichtbar machen, wenn er vor einem 
Jäger in Gefahr war. Nach langen Jahren aber schoß er während des Hochamtes 
an einem Sonntagmorgen tief im Walde einen Rehbock, den er auf der Stelle aus¬ 
weiden wollte. Er hatte bereits die Eingeweide herausgenommen, da hörte er zur 
Wandlung läuten von einer fernen Kirche. Er entblößte sein Haupt und bekreuzte 
sich: da sprang der Bock auf und verschwand. Von dieser Stunde an ging der Mann 
nicht mehr jagen, sondern vergrub feine Zauberkugeln ein einem abgelegenen Orte 
im Walde und wurde fromm und in sich gekehrt. 
Henhart, am 20. Juni 1911. Wilhelm Wachberger.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.