Bräuche, wenn der Innviertler baut
„Innviertler Heimatkalender auf das Jahr 1910“ finden wir „Sitten und
Bräuche", wie selbe eine Innviertler Bauernhochzeit bietet, geschildert. Als weiterer
Beitrag zum Kapitel „Volkskunde" möge nachstehende Abhandlung über die Bräuche,
wenn der Innviertler baut, gelten und vom geehrten Leser freundlich aus¬
genommen werden.
Schon während des Winters — da hat man ja am meisten Zeit — wird ans
dem Walde das zum Baue nötige Bauholz herbeigeschafft, auch Steine, Sand und
Ziegel gefahren. Man muß rechtzeitig zum „Zuarichtu" schauen, damit die
Handwerksleute, sind sie einmal da, in der Arbeit nicht ausgehalten werden. Selbst
alles, weß man bedarf, herbeizubringen, ist dem Bauer nicht möglich. Deshalb bittet
er die Nachbarn und guten Freunde um eine oder mehrere „Deanstsuhren." An
einem „abgeschafften" Feiertage werden dieselben geleistet. Sie sind frei, doch
bekommen die Knechte ein angemessenes Trinkgeld.
Sobald der Osterjubel verrauscht ist, erscheinen die Maurer und Zimmerleute.
Hausmütterchen muß in der Küche hurtig -schassen. Viel Gäst sind im Haus und
alle kommen mit dem Glockenschlag zum heißersehnten Mahle. So früh, mittags und
abends. Um 6 Uhr wird meist „Feierabend" gemacht. Der Bau schreitet rasch
vorwärts. Die Gesellen müssen fleißig sein. Alle zwei bis drei Tage findet sich der
Meister ein, das Geleistete zu besichtigen, neue Anordnungen zu treffen. Nachher
ladet ihn der Bauer zum kleinen Imbiß — Fleisch und Bier — in die Stube.
Wie schon beim „Zuarichtu" sind auch jetzt die Nachbarsleute gern hilfsbereit.
Sie unterstützen nicht nur mit Geld und Fuhrwerk, sondern auch mit Milch, Schmalz
und anderen Lebensmitteln.
Gar manch Neugieriger kommt beim Besichtigen des Baues zum Handkusse.
Ehe er's versieht, ist er „eing'schnürt." Mit Schnüren und Stangen wird ihm
der Ausweg abgesperrt und singend umzingeln ihn die Zimmerleute:
„Du hast dih Vergangn,
Und mir Ham dih g'sanga.
Mir sangan Gras'n, Fürst'n und Edlleut,
Denn dös is nnsa Gerechtigkeit.
Und, wer mtsa Arbat will betracht'n,
Dars koa kloans Trinkgeld nöt acht'n.
1/a hl Bier oder V4 hl Wein,
Nachat wirst Wieda höflich entlassit fein!"
Alt Samstagabenden unb besonders am Abende des Firstweines „lattln"
die Zimmerer. Hoch auf betn Bane legen sie ein Brett über zwei Bäume (Balken),
stellen sich vor demselben in ber Reihe auf unb schlagen mit ihren Hacken regel¬
mäßig im Takte barauf. Dies klingt unb hallt ftunbenweit.
Enblich ist bas Gebäude ausgeführt. Der „Firstbaum" muß noch ausgesetzt
werden. Doch währenb ber Nacht würbe er von Dieben enttoenbet. Nach langem
Suchen sinben ihn bie Zimmergesellen, bie mit einem Wagen um benselben fahren,
in ber Scheune eines Nachbars. Zu ihrer nicht geringen Freube baumelt an seinem
Körper ein Fäßlein voll bes edlen Gerstensaftes. Nun soll ber Firstbaum aus den
für ihn bestimmten Platz kommen. So leicht geht bies jedoch nicht. Mit „Ho" und