Volltext: Innviertler Heimatkalender 1911 (1911)

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Aus deutschen Dörfern. 
(1200—1500.) 
Aus Gustav freytags „Bildern aus deutscher Uergangenbeit“, II. Band1). 
war ein alter Zwiespalt zwischen der Arbeit des Friedens, in welcher der 
Deutsche als emsiger Hauswirt schaffte und doch nicht feine beste Ehre fand, 
und zwischen der wilden Arbeit des Krieges, welche Geschaffenes zerstörte und doch 
durch die begeisterte Poesie des ganzen Volkes verklärt wurde. Dieser feindselige 
Gegensatz zweier großer Kreise von idealen Empfindungen war seit den Kreuzzügen 
in Standen verkörpert, dort Bürger und Bauern, hier die Ritter und ihre reisigen 
Knechte. Durch die gesamte Geschichte unserer Nation zieht sich von da ab der Streit 
zwischen Arbeitenden und Beutesuchenden; erst die Neuzeit hat dafür Versöhnung 
gefunden. 
Groß war in den Jahren des reisigen Minnegesangs die Abneigung zwischen 
Hof und Dorf, zwischen höfisch und bäurisch ; die Ritter sahen aus ihrer Trinklaube 
hochmütig auf die Dorflinden und den grünen Anger hinab, die Bauern feindselig 
aus die gepanzerte Schar am Waldesrand. Viele Jahrhunderte Hatten gearbeitet, den 
Stolz des Landmanns zu verringern; nicht nur wer den Ritterschild trug, auch der 
Handwerker in der Stadt fühlte sich in besserem Recht und höherer Kunst als der 
Bauer. Uns ist möglich, Einblick in das Gemüt des Landvolkes und in viele Einzel¬ 
heiten seines Lebens zu erhalten. Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts haben die 
Handschriften manchen unschätzbaren Zug ans dem Leben des Bauern überliefert. 
Mit Erstaunen erkennen wir aus solchen Quellen, daß der Sandmann damals in 
ganz anderer Weise ein Teil der Volkskraft war als viele Jahrhunderte später. 
Allerdings verhärtete sich der Stolz des Ritters gegenüber dem Bauern schnell 
zu einem ausschließenden Standesbewußtfein. 
Unerträglich dünkte ihm die Anmaßung des Bauern, der es ihm in Kleidern 
und Waffen gleichtun wollte und feinen Einbrüchen in die Gemeindeherde den 
gepanzerten Fausthandschuh entgegenhielt. Im Jahre 1244 verbot Herzog Otto von 
Bayern in seinem Landfrieden den Bauern, Brünne, Eisenhut oder Halsberge, 
lateinische Messer oder andere Stahlwaffen in ihrem Dorfe zu tragen; nur den 
Reutet, den Stab, der zum Säubern des Pflugbrettes dient, sollten sie führen. Ein 
ähnliches Verbot erging in Oesterreich. Aber es wurde nicht beachtet. Kurz daraus 
wird wieder geklagt, daß die Bauern in allen Ritterkleidern prangen, seidene Stoffe, 
Kettenpanzer führen und mit dem Schwert klirren. 
Und das war natürlich. Dem Land mann trat in wilder Zeit die Versuchung 
nahe, selbst Rechte und Privilegien des Ritterstandes zu gewinnen. Wie unvollkommen 
ihm höfische Sitte kund wurde, sie übte doch ihren modischen Zauber aus. Das 
Schönste, was ihm der Spielmann fang, das Glanzvollste, was seine Augen erblickten, 
lI Mit gütiger Erlaubnis des Verlages S. Hirzel in Leipzig, wofür wir auch au dieser 
Stelle Dank sagen. Auf das Werk Freytags selbst sei ganz besonders hingewiesen!
	        
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