Witterung, sie begriffen sehr rasch, daß hinter diesen „Vereinszwecken“ andere
Absichten schlummerten und trieben ihre Spitzel zu umso größerer Tätigkeit an.
Das vermochte aber die Entwicklung nicht aufzuhalten, den Gewerkschaftsgedanken
und Klassenkampfgeist der Massen nicht einzudämmen — im Sturmeslauf eroberte
sich die sozialistische Idee die Herzen und Hirne der Proletarier, die Heroenzeit
der um Recht und Freiheit ringenden Arbeiterschaft brach an, eine Zeit voll helden¬
hafter Kämpfe, beispiellosem Opfermute und Überzeugungstreue, eine Zeit, die in
der Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung mit unauslöschlichen Lettern
eingetragen bleiben wird. Mächtig wuchs in dieser Sturm- und Drangperiode auch
die Organisation der Buchdrucker heran, die heute zu dem festesten Bollwerk aller
graphischen Arbeiter geworden ist.
Seit dem Jahre 1867 befindet sich das Vereinsheim des oberösterreichischen Buch¬
druckervereines im Gasthaus „zum goldenen Hirschen“ in Linz. Diese historische
Stätte ist enge verknüpft mit dem Aufstiege der Linzer Arbeiterschaft. Das Gasthaus
„zum goldenen Hirschen“ war seinerzeit das Zentrum der Linzer Arbeiterbewegung.
Die Buchdrucker, Holzarbeiter und Schneider hatten ihre Vereinslokale dort und
im sogenannten „Dreifaltigkeitszimmer“ wurden so manch tiefeinschneidende
Beschlüsse für das Proletariat Oberösterreichs gefaßt. In diesem gastlichen Heime
wirken nun schon seit 60 Jahren die Ausschüsse der Buchdruckerorganisation für
die Interessen der Gesamtkollegenschaft.
Welch hoher sittlicher Wert, welch ausgeprägtes solidarisches Empfinden und
kollegiales Zusammengehörigkeitsgefühl der Organisation der Buchdrucker inne¬
wohnt, kommt in dem dieser Festschrift angeschlossenen Ziffernmaterial zum
Ausdruck. In tausenden von Fällen wurde die Not der schuldlosen Opfer eines
brutalen Unternehmertums gelindert, immer war der Verein die Stütze und der
Hort der wirtschaftlich Schwächeren. Aber auch die geistige und fachliche Fort¬
bildung hegte und pflegte die Buchdruckerorganisation Oberösterreichs in hohem
Maße. Eine prächtige Bibliothek in der Stärke von 6000 Bänden ist und war den
Mitgliedern jederzeit eine Fundgrube reichen Wissens, und durch Vorträge, Dis-
