Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Ausgang der Schlacht bei Limanowa-Lapanów ; 1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ; (1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ;)

Wandlung in den Entschlüssen der russischen Heerführer 597 
Aufgabe nachzugehen und die deutsche Armee aus der Linie der masu- 
rischen Seen zu werfen. Iwanows galizische Armeen — 3., 8. und 11. — 
sollten den eroberten Teil Galiciens festhalten und nur äußerstenfalls 
bis an den San ausweichen, dessen Übergänge unbedingt zu halten waren. 
Kaum waren diese Direktiven beim Südwestfrontkmdo. eingelangt, 
so erhob Iwanow schon Gegenvorstellungen, die in vollem Widerspruche 
mit seinen Meinungsäußerungen in Siedlec standen. Jetzt widerriet er 
dringend dem beabsichtigten Rückzug, weil ein solcher demoralisierend 
auf Heer und Volk wirken würde. Iwanow erklärte, dem Großfürsten 
doch schon vor einiger Zeit dargelegt zu haben, daß der Weg nach 
Berlin über Österreich-Ungarn führe und demnach die Armeen der Donau¬ 
monarchie zuerst niedergerungen werden müßten. Dies liege im Bereiche 
der Möglichkeit, daher seien die gegenwärtigen Stellungen in Polen un¬ 
bedingt zu behaupten. Zur Bekräftigung seiner Ansichten berichtete Iwa¬ 
now, daß drei öst.-ung. Korps, und zwar das II. *), das XIV. und das 
XVII. in zerrütteter Verfassung durch Krakau südwärts abrückten; nach 
Konfidentenmeldungen sei die Räumung des festen Platzes beschlossen; 
der Führer der 3. Armee, Gen. Dimitriew, behaupte, daß ein gewaltsamer 
Angriff auf Krakau sicheren Erfolg verspreche2). 
In seiner Depesche nach Baranowiczi meldete Iwanow weiters, daß 
er Gen. Ewert im Hinblick auf die eben von der 4. Armee errungenen 
örtlichen Erfolge angewiesen habe, Reserven bei Noworadomsk zusammen¬ 
zuziehen und den von Wielun anrückenden Gegner anzufallen. Die 
3. Armee sollte den südlich von Krakau befindlichen Gegner festhalten, 
die 8. Armee mit ihrem Westflügel gegen Neusandez vorgehen. Der von 
der Stawka geplante Rückzug an die mittlere Weichsel würde das Ende 
der eigenen Handlungsfreiheit bedeuten. 
Rußki, über den plötzlichen Sinneswechsel seines Kollegen höchlichst 
erstaunt, blieb dabei, die 1., 2. und 5. Armee zurückzunehmen, weil nur 
durch eine Frontverkürzung Reserven zu gewinnen waren. Immerhin voll¬ 
zog sich aber auch bei ihm binnen kurzem ein Umschwung der Anschau¬ 
ungen, indem er nach anfänglicher Zustimmung erklärte, die erforder¬ 
lichen Kräfte zur Eroberung Ostpreußens doch nicht aufbringen zu können 
und daher auf die Bezwingung der Seenengen verzichten zu wollen. 
*) Vom II. Korps stand nur die 13. SchD. nächst Krakau, die Masse jedoch auf 
dem Nordflügel der Armee Dankl. 
2) Die Meldungen der russischen Konfidenten deckten sich sowohl zeitlich als inhalt¬ 
lich auffallend mit Nachrichten, die das k. u. k. 4. Armeekmdo. zu Täuschungszwecken 
verbreiten ließ, um den Abtransport der für den Offensivstoß bestimmten Verbände zu 
verschleiern.
	        
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