Neuerlicher Appell an die Armeen
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gewann unter leichten Gefechten mit russischen Grenadieren bis in die
Wälder westlich von Mykanów Raum. Links hinter ihr gelangte die k. u. k.
16. ID. kampflos nach Ostrowy. Die 31. ID., die infolge eines am 16.
abends ausgegebenen Armeebefehles nach Dzialoszyn marschiert war1),
erreichte erst in den Morgenstunden des 18. mit ihrer Masse die Gegend
von Popow. Das Kavalleriekorps Hauer, das auf Kaminsk vorstoßen
sollte, stand am 17. abends noch beiderseits von der Warta bei Dzia¬
loszyn und mühte sich dort, die zerstörten Brücken wiederherzustellen.
Nördlich der k. u. k. 2. Armee, die eiligst und fast ohne Trains und An¬
stalten zum Vormarsch angesetzt worden war, hatte das Landsturmkorps
Breslau Wielun erreicht.
Beim AOK. in Teschen war man durch diese Ergebnisse des 17. No¬
vember enttäuscht. Man hatte gehofft, mit der 4. und 1. Armee zum ent¬
scheidenden Stoß bis über die Szreniawa ausholen zu können. Aber statt
dessen hatten sich an der ganzen Front zwischen Krakau und Czen-
stochau stehende Kämpfe entwickelt. Günstiger schien wohl der Angriff
des XVII. Korps entlang des nördlichen Weichselufers zu verlaufen,
und bei Noworadomsk schien sich durch die aus dem Funkverkehr er¬
kannte Nordverschiebung der russischen 5. Armee die Aussicht auf eine
Umfassung der russischen 4. Armee zu bieten. Am 18. sollte der Angriff
weitergeführt werden. Gdl. Conrad legte der 4. und der 1. Armee nahe,
durch Zusammenwirken des VI. mit dem X. Korps die Höhen von Skala
ehestens zu nehmen, um ein rasches Vorwärtskommen der 4. Armee und
ein Einschwenken des Südflügels der 1. zu erzielen. Gdl. Woyrsch wurde
aufgefordert, alle verfügbaren Kräfte der 2. Armee zum umfassenden
Angriff gegen den rechten feindlichen Flügel heranzuziehen. Am Schlüsse
spornte dieser Heeresbefehl die Armeen zur äußersten Anspannung der
Kräfte mit den vorwurfsvollen Worten an:
„Das Ergebnis des morgigen Angriffs ist von entscheidender Wichtigkeit für den
Erfolg des ganzen Krieges. Wir haben keine Übermacht vor uns 2). Der Feind ist er¬
schöpft, es fehlt ihm an Munition und Verpflegung. Auch er hat reduzierte Stände.
Alles halte sich vor Augen, daß verlorene Zeit uneinbringlich ist. Der unbeugsame Wille
aller Führer, ihr persönlicher Einfluß im Gefechte muß den Erfolg durchgreifend und
groß machen."
1) Kiszling, Die k. u. k. 2. Armee vom 10. November 1914 bis zum Jahres¬
schluß (Manuskript, Kriegsarchiv).
2) Tatsächlich standen den links der Weichsel zwischen Krakau und Czenstochau
kämpfenden 32 Divisionen (384 Bataillonen) der Verbündeten 23 russische Divisionen (368
Bataillone) gegenüber. Allerdings mögen die Stände der Verbündeten, zumal die der
öst.-ung. Truppen, geringer gewesen sein als die der Russen.