Die Operation der Armee Auffenberg
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kraft des öst.-ung. linken Heeresflügels auf nicht weniger als drei oder
sogar vier Brennpunkten aus : östlich von der Huczwa (Erzherzog Joseph
Ferdinand), Komarów (Masse der 4. Armee), Krasnostaw (rechter Flügel
der 1.) und Opole, wo Kummer noch einen allerdings bald verglimmenden
Angriff versuchte. Aus dieser Gestaltung der Schlacht spricht der die
beteiligten Armeeführer erfüllende Siegeswille; daß es auch an Ver¬
ständnis für das Ganze nicht gebrach, erwies die Bereitwilligkeit, mit
der Dankl, trotzdem vor ihm selbst noch schwere Aufgaben lagen, zu¬
gleich den Flankenschutz Auffenbergs übernahm. Dennoch ist es fraglich,
ob sich der Verlauf der Schlacht ebenso gestaltet hätte, wenn die Auf¬
merksamkeit der Heeresleitung nicht so stark durch die Ereignisse öst¬
lich von Lemberg gefesselt oder der ganze linke Heeresflügel einem
gemeinsamen Heeresgruppenkommando unterstellt gewesen wäre1).
Vielleicht hätten sich alle vorstehend erörterten Übelstände bei der
Nord- und Ostgruppe vermeiden lassen, wenn das ganze öst.-ung. Nord¬
heer aus der San-Dniesterlinie mit mehr nach Nordosten gerichteter Front
zum Angriff vorgeführt worden wäre. In diesem Falle wären die widrigen
Zwischenfälle, die sich durch das Aufspringen einer Lücke zwischen 4.
und 3. Armee beim tatsächlichen Operationsverlaufe hier ereigneten, diesen
beiden Armeen vermutlich erspart geblieben. Hauptbedingung wäre aber
immer ein starker linker Heeresflügel gewesen, um mit Sicherheit über
Lublin hinaus vordringen zu können.
Ein voller Sieg Auffenbergs in dem Ausmaße, wie ihn etwa der 29.
oder 30. August verhieß, hätte freilich die erwähnten Nachteile auch reich¬
lich wettgemacht. Infolge des Zurückschwenkens der Gruppe Erzherzog
Peter wurde aber aus dem erhofften „Cannae" bloß ein „ordinärer Sieg".
Und als die Verfolgung des überall exzentrisch weichenden Feindes ein¬
setzte, zeigte sich ein weiterer Übelstand der Verlegung des Schwer¬
gewichtes von Dankl auf Auffenberg. Während jener im gleichen Falle
infolge der größeren Entfernung von der 3. Armee immer noch einige
wertvolle Tage für eine rücksichtslose Verfolgung zur Verfügung gehabt
hätte, nötigte diesen das Mißgeschick der unmittelbar benachbarten
3. Armee und die daraus erwachsende Rückenbedrohung unter allen Um¬
ständen zu frühzeitigem Ablassen von den geschlagenen Russen2), wodurch
die Ergebnisse des auf der Walstatt in zähem Streiten errungenen Sieges
erheblich geschmälert wurden.
1) Conrad, IV, 711.
2) „Man hätte der 4. Armee mindestens drei Tage Verfolgungsaktion gestatten
sollen." (Auffenberg, Teilnahme am Weltkrieg, 258.)