Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Ausgang der Schlacht bei Limanowa-Lapanów ; 1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ; (1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ;)

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Der Sommerfeldzug 1914 gegen Rußland 
den wesentlichsten Vorbedingungen aller Offensivpläne, die in Österreich- 
Ungarn seit einem Menschenalter gegen Rußland entworfen worden waren, 
gehörte der zeitliche Vorsprung, mit dem das Heer des Donaureiches 
gegenüber dem russischen bei Mobilmachung und Aufmarsch zu rechnen 
vermochte. Dadurch, daß die Russen noch in der Versammlung getroffen 
wurden, konnte ihre zahlenmäßige Überlegenheit für die ersten großen 
Schlachten wettgemacht werden. Nun ist die immer wiederkehrende Be¬ 
hauptung, Rußland habe schon kürzere oder längere Zeit vor dem 30. Juli 
1914 eine Reihe von Armeekörpern, zumal die sibirischen, auf Kriegsfuß 
gesetzt, wohl nicht aufrecht zu erhalten. Diese Gerüchte wurden durch 
die häufigen „Probemobilisierungen", zum Teil auch durch den im Früh¬ 
jahr 1914 verspätet durchgeführten Mannschaftswechsel hervorgerufen. 
Aber auch ohne solchen übermäßigen Zeitgewinn erzielte Rußland dadurch, 
daß es nach großzügigen vorbereitenden Maßnahmen schon am 30. Juli 
mobilisierte, gegenüber dem habsburgischen Heere einen Vorsprung von 
inahezu einer Woche. 
Zu dieser Verschlechterung der Ausgangslage trat noch der Wegfall 
der Mitwirkung Rumäniens. Gedenkt man zuletzt noch der durch das Aus¬ 
bleiben Italiens hervorgerufenen Minderung der deutschen Oststreitkräfte, 
so ist nicht in Abrede zu stellen, daß die Vorbedingungen für die von 
Conrad unternommene Offensive wesentlich ungünstiger waren, als man 
im Frieden angenommen hatte. 
Der Angriffsplan Conrads 
Die Offensive, mit der Österreich-Ungarn den Krieg gegen Rußland 
begann, wird denn auch von vielen Kritikern als verfehlt abgelehnt. Be¬ 
sonders scharf tut dies Gdl. Alfred Krauss x) ; nach seiner Ansicht hätten 
die öst.-ung. Armeen unbedingt in der San-Dniesterlinie den Angriff des 
Feindes abwarten müssen, um sich dann, wenn dessen Gruppierung er¬ 
kannt war, auf einen seiner Flügel zu werfen, während man dem andern 
Flügel des Feindes die undankbare Rolle des Angreifers gegen eine wohl¬ 
vorbereitete Stellung hätte überlassen sollen. Ganz abgesehen von den 
Schwierigkeiten eines solchen Manövers wäre diesen Bemerkungen gegen- 
1) Krauss, Die Ursachen unserer Niederlage (3. Aufl., München 1923), 134 f; 
vgl. überdies Auffenberg, Höhe und Niedergang, 289. — Derselbe, Teilnahme 
am Weltkrieg, 114. — Kabisch, Streitfragen des Weltkrieges 1914 (Stuttgart 1924), 
42 ff. — D e r s e 1 b e, Ergänzungen zu Streitfragen des Weltkrieges (Stuttgart 1927). — 
Moser, Ernsthafte Plaudereien über den Weltkrieg (Stuttgart 1925), 69 ff und andere.
	        
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