Die Lage bei den Russen
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Die 2. Armee glaubte das AOK. nicht so weit abgetrennt im Osten
stehen lassen zu dürfen. Sie wurde vielmehr angewiesen, ihre Kräfte
weiter westlich im Räume Drohobycz—Komarno zusammenzuziehen und
hier sowohl das Karpathenvorland gegen Osten zu sperren wie auch für
einen Flankenstoß zugunsten der 3. Armee bereit zu sein. Hielt diese nicht
an der Wereszyca, sondern erst weiter westlich, dann sollte auch die
2. Armee ihre Versammlung gegen Sambor zurückverlegen, von wo aus sie
gegebenenfalls mit dem inzwischen schon einlangenden IV. Korps westlich
der großen Sumpfzone „Wielkie Bloto" gegen Rudki vorstoßen konnte.
Mit der Räumung Lembergs durch die k. u. k. Truppen, deren letzte
der Stadt am 2. September nachmittags den Rücken gekehrt hatten, trat
der erste große Feldzug im Nordosten in seine zweite, nun die Ent¬
scheidung bringende Phase ein.
Wenn die zur Fortführung des Kampfes verfügte Neugruppierung
der öst.-ung. Streitkräfte bis zur Stunde fast ohne Störung durch den
Feind vollzogen werden konnte, so hatte dies nicht zuletzt seine Ursache
darin, daß es geraume Zeit dauerte, ehe die Russen sich des an der
Gnila Lipa errungenen Erfolges bewußt wurden. Als sich die Armeen
Brussilows und Rußkis am 31. August früh aus den am Vortage er¬
kämpften Stellungen erhoben, taten sie es in der sicheren Erwartung
neuer schwerer Zusammenstöße mit dem Verstärkungen unbekannter
Größe heranführenden Gegner. In der Tat berichten die russischen Be¬
fehlsstellen jener Zeit über harte Kämpfe, die das VII. und das XII. Korps
Brussilows am 31. zu bestehen gehabt hatten1). Es konnte sich hier auf
öst.-ung. Seite wohl nur um den Widerstand beherzter Nachhuten ge¬
handelt haben. Jedenfalls kamen die genannten russischen Korps am
Abend nicht über den Swirzbach hinaus, während das VIII. Korps Brussi¬
lows noch südöstlich von Rohatyn und das XXIV. vor Halicz abblieben.
Tags darauf erreichten die Korps des ersten Treffens die von Bóbrka
nach Süden führende Tiefenlinie.
Von der russischen 3. Armee fühlten am 31. August das X. und das
IX. Korps südlich, das XI. nördlich der großen Straße sehr behutsam
gegen Lemberg vor, wobei es zu den schon erwähnten Nachhutkämpfen
mit dem k. u. k. III. Korps kam. Am 1. September schoben sich die Russen
bis in die Höhe von Jaryczów-Nowy und Gaje vor. Im Nordosten von
Lemberg waren zwei Divisionen des russischen XXI. Korps gegen Mosty
Wielkie und Turynka entsandt. Die dritte Division dieses Korps war
jener Feind, den sich die öst.-ung. Gruppe Daempf auf den Höhen östlich
!) La grande guerre, 183.