Maßnahmen zur Behauptung Lembergs
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starke Gruppe aller Regimenter, bei der sich auch der Korpskmdt. be¬
fand, traf befehlsgemäß bei Bóbrka ein, um hier in einer Nachhut Stellung
das Abfließen des gewaltigen Trosses zu decken und schwächere Vor¬
stöße des Feindes abzuwehren. Von der 2. Armee gelangten die Divi¬
sionen des VII. Korps hinter die Chodorówer Teiche, die anderen Ver¬
bände auf das südliche Dniesterufer.
Mit begreiflicher Ungeduld harrte das AOK. der Dinge bei der
4. Armee. Von der Raschheit, mit der sie entsprechende Kräfte kehrt¬
machen lassen konnte, hing es ab, ob der Rückzug der 3. Armee wirklich
bis an dieWereszyca fortgesetzt werden mußte und damit auch, ob Lemberg
behauptet werden konnte oder nicht. Da kam endlich um 2h nachm. die
zuversichtliche Meldung des Obersten Soós (S. 237), nach der eine volle
Auflösung der Auffenberg gegenüberstehenden russischen Kräfte im Be¬
reiche des Möglichen lag. Bei solchen Zukunftsaussichten war vielleicht
am Ende der zwar nicht militärisch, wohl aber politisch nachteilige Ver¬
lust Lembergs doch vermeidbar. Am dringendsten erschien es in diesem
Zusammenhang, ein Ausgreifen des Feindes nördlich der Hauptstadt zu
verhindern. Zwar gewann das 3.Armeekmdo. eher den Eindruck, daß
der Russe hier ausgesprochen nordwärts — also in den Rücken Auffen-
bergs — marschiere. Dennoch wurde dem FML. Daempf, unter dessen
Befehl nun auch die 10. und die 11. KD. traten, nachdrücklich einge¬
schärft, ein etwaiges Vordringen der ihm gegenüberstehenden russischen
Streitkräfte in nordwestlicher und westlicher Richtung zu verhindern.
Die unmittelbare Verteidigung Lembergs blieb dem XI. Korps und der
44. SchD. überlassen. Südlich der Stadt hatte sich das durch die
88.KSchBrig. verstärkte III. Korps zum Gegenangriff wider einen die
Hauptstadt bedrängenden Feind bereitzustellen. Solcherart schien für
deren Schicksal einigermaßen vorgesorgt zu sein.
An die DOHL. richtete Gdl. Conrad einen sehr ernsten telegraphi¬
schen Bericht, in welchem er die Zusendung von mindestens zwei Korps
in der Richtung über Przemysl erbat1). Tatsächlich befand sich zu dieser
Zeit schon eine solche Streitkraft samt einer Kavalleriedivision auf der
Fahrt von Frankreich nach dem Osten. Obgleich der Oberbefehlshaber des
deutschen Ostheeres auf diesen Kraftzuwachs verzichtete, rollten die zwei
Korps nach Ostpreußen weiter, wo sie erst nach der Schlacht bei Tannen¬
berg eingetroffen sind.
x) Conrad, IV, 607 f. — Reichsarchiv, I, 608. — Ludendorff, Meine
Kriegserinnerungen 1914—1918 (Berlin 1919), 45.