Rückzug auf Lemberg
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So war auch die zweite Schlacht in Ostgalizien für die öst.-ung. Ar¬
mee unglücklich ausgegangen. Gegen Ende des Ringens hatten in den
Reihen der 2. und der 3. Armee insgesamt 282 Bataillone, 133 Schwa¬
dronen und 718 Geschütze mit 336 Bataillonen, 264 Schwadronen und
1214 Geschützen der zwei russischen Armeen ihre Kraft gemessen1).
Bei der Infanterie war die Überlegenheit an Zahl nicht übermäßig groß
gewesen; allerdings zählten Brudermann und Böhm-Ermolli 107 schwach
gefügte Marsch- und Landsturmbataillone in ihren Reihen. Erdrückend
hatte das Übergewicht von 500 Geschützen gewirkt; es gab den Ausschlag.
Die Preisgabe von Lemberg
H i e z u Beilage 11 sowie Skizze 10
Die Hiobsposten über das Mißgeschick des XII.Korps trafen in Lem¬
berg am 30. August gegen 5h nachm. ein. Kurz darauf bestätigte sich auch
der Fehlschlag des dem VII. Korps übertragenen Flankenstoßes. Um
6h abends erteilte das 3. Armeekmdo., das in GM. v. Boog einen neuen
Generalstabschef erhalten hatte, dem XII. Korps und der 105. LstlBrig.
den Befehl, an den Bialy potok unterhalb von Bóbrka zurückzugehen.
Das III. Korps sollte sich zunächst damit begnügen, seinen Südflügel
gegen Bóbrka zurückzuschwenken. Aber schon nach einer Stunde wurden
diese Weisungen dahin ergänzt, daß auch der linke Armeeflügel, falls er
durch den Feind gedrängt würde, mit Ausnahme der Gruppe Daempf,
die ihren Angriff fortzusetzen hatte, seine bisherigen Stellungen abzu¬
brechen und in die Höhe von Lemberg zu weichen habe.
Gdl. Conrad wurde, so wenig er sich ob der Lage im Osten un¬
berechtigtem Optimismus hingab, durch die Nachrichten von der 3. Armee
aufs tiefste getroffen. Wohl war der von ihm schon seit einigen Tagen
stärker erwogene Plan, den russischen Druck in Ostgalizien durch Heran¬
führen von Teilen der 4. Armee in die Flanke des lästigen Feindes ab¬
zuschütteln, auch nach der neuen unglücklichen Wendung noch ausführ¬
bar. Aber zuerst mußte die 4. Armee bei Komarów ihr Werk vollenden,
wozu sie mindestens noch den 31. August, wahrscheinlich jedoch auch
den 1. September brauchte. Um bis dahin die 3. Armee nicht einem neuer¬
lichen Schlag auszusetzen, verabredete der Chef des Generalstabes mit
*) Bei den k. u. k. Truppen sind die 1. und 5. KD., die 35. LstlBrig. und die Be¬
satzungstruppen von Lemberg und Mikolajów nicht eingerechnet, bei den Russen das
Dniesterdetachement, eine scheinbar nicht eingetroffene Reservedivision und drei Ko¬
sakendivisionen.