Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Ausgang der Schlacht bei Limanowa-Lapanów ; 1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ; (1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ;)

Der Stoß auf Siedlec 
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deutschen 8. Armee nichts Ersprießliches und ließ am gleichen Abend 
ein längeres Schreiben nach Marienburg abgehen, um Prittwitz noch in 
elfter Stunde von der Notwendigkeit des Stoßes in den Rücken von 
Warschau zu überzeugen. Ob nun der Galizien von Osten her bedrohende 
Feind eine Fortführung des öst.-ung. Nordstoßes über Lublin hinaus 
erlaube oder nicht, auf jeden Fall müsse die Masse des deutschen 
Ostheeres, die Abwehr gegen Rennenkampf den „hinzutretenden Reserve¬ 
divisionen und Landwehrdivisionen" überlassend, aufs polnische Schlacht¬ 
feld herbeieilen. Sprach das Schreiben an GO. Prittwitz an einer Stelle 
noch von „der allgemeinen Richtung über Siedlec", so fordert es an zwei 
anderen Stellen ganz entschieden ein Vordringen „über" diesen vielge¬ 
nannten Ort hinaus. Daß Conrad kühnen Ideenfluges in der Tat an ein 
Zusammenwirken auf der Walstatt dachte, erörtert er in seinen Denk¬ 
würdigkeiten *). Wohl hatte er im Frieden stets damit gerechnet, daß 
die deutsche Ostarmee 12 bis 14 Divisionen stark sein werde. Aber auch 
bei der nicht unerheblich geringeren Stärke, mit der Deutschland, wegen 
des Fernbleibens der Italiener von den Vogesen, im Osten in den Kampf 
trat, schien es ihm möglich, daß GO. Prittwitz drei Divisionen gegen 
Rennenkampf zurückließ, mit den anderen sechs und der Kavalleriedivi¬ 
sion aber nach Südosten angriff. 
Nun wußte Conrad^ als er sich solchen Erwartungen hingab, freilich 
nicht, daß die ihm unbekannt gebliebene „Aufmarschweisung", welche 
die deutsche 8. Armee von der DOHL. erhalten hatte 2), gegenüber seinen 
Wünschen noch zurückhaltender abgefaßt war als das Schreiben Moltkes 
vom 3. August. Zwar hatte der Oberbefehlshaber des deutschen Ost¬ 
heeres dessen Operationen „nach freiem Ermessen zu leiten", und es 
wurde ihm nahe gelegt, „übereinstimmendes Handeln mit dem öster¬ 
reichischen Heere anzustreben". Aber im Grundtone der Aufmarschwei¬ 
sungen wurde „die schwierige Aufgabe ..., unsere [deutschen] östlichen 
Provinzen gegen einen russischen Einfall zu sichern", gegenüber dem 
zweiten Auftrag, „auch die von Österreich beabsichtigte Offensive zu 
unterstützen", eindrucksvoll herausgehoben. In nicht unerheblicher Ab- 
schwächung gegenüber dem Schreiben Moltkes vom 3. August erklärte 
die Aufmarschweisung einen Vorstoß nach Rußland hinein nur mehr für 
den wenig wahrscheinlichen Fall als zulässig, daß der Feind gegenüber 
Deutschland überhaupt defensiv blieb; für die Richtung des Vorstoßes 
hatte auch dann, ohne eine nähere Bindung, „die allgemeine Lage maß- 
1) Conrad, IV, 282 und 375 f. 
2) R e i c h s a r c h i v, II, 43 ff. 
I 2. Aufl. 11
	        
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