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im Jahre 1283 hatte sie eigentlich begonnen, im Jahre 1780, nach fünf
Jahrhunderten, hatte sie aufgehört, aber in weiblicher Abstammung dauerte
dieselbe noch fort und das Haus Habsburg-L othringen trat mit dem
K. Joseph II. die Regierung der großen Monarchie an *).
8. 27.
Das Land obderEnns unter der Re gierungKaiser Josephs!!.;
von 1780 bis 1790.
Kaiser Joseph 11., einer der berühmtesten Regenten Oesterreichs und ganz
Europas, war am 13. Marz 1741 geboren und so wie die übrigen Kinder
Marien Theresiens der Gegenstand der größten Sorgfalt in Ansehung der Er¬
ziehung. Der Ungar, Feldmarschall Fürst Batrhiany, ward sein oberster Hof¬
meister und er hatte mehrere Lehrer für die verschiedenen Wissenschaften, für
Mathematik, Geschichte und deutsches Staatsrecht, für die Rechte, den Reli¬
gionsunterricht u. s. w. Er hatte ein lebhaftes, rasches Temperament, und faßte
schnell, er besaß herrliche Anlagen des Geistes und des Herzens. Vieles trug
der Freiherr von Bartenstein zu seiner Ausbildung bei, welcher einen ganzen
Plan für Josephs Unterricht in Geschichte, Politik, Natur- und Völkerrecht
ausarbeitete. Er erhielt von K. Franz 1. den Auftrag, die Geschichte nach
Wahrheit vorzutragen und auch die Fehler der Regenten nicht zu verschweigen,
damit er sich taugliche Grundsätze der Negierung bilden könnte. Sein Vortrag
über die Geschichte war aus den Quellen geschöpft und freisinnig, besonders
auch in Ansehung des Verhältnisses des römischen Stuhles zur weltlichen Macht;
nur scheint der Unterricht sehr weitläufig gewesen zu seyn. In den Betrachtun¬
gen über das Natur- und Völkerrecht war vieles aus der Geschichte der Staaten
abgezogen, aber auch manche damals gangbare philosophische Grundsätze fanden
sich in denselben vor, die vielleicht nicht immer die richtigsten waren; er lehrte
übrigens größtentheils frei von Pedanterei, mit großer Umsicht und Gründlich¬
keit. Joseph, ohnehin von der Natur aus geeignet für Höheres, mit einem tie¬
feren Blicke begabt, lernte desto mehr zu prüfen, auf den Grund der Sachen
zu schauen, sich über das Alltägliche zu erheben, ein freies Urtheil zu fassen und
es zu vollziehen. Er war ein Feind aller Vorurtheile, eines trägen Schlen¬
drians, der Dummheit und Bigotterie, ein Freund der Humanität im edel¬
sten Sinne des Wortes, der Künste und der Wissenschaften; alles, was das
Wohl seiner Völker betraf, umfaßte sein Blick, daran hing er mir aller Kraft
L) Ueber die Regierung Marien Theresiens haben weitläufiger geschrieben: Eduard Dul-
ler: Maria Theresia und ihre Zeit. 2 Bände. Wiesbaden 1844, und K. A. Schimmer: Die
große Maria'Theresia. Wien, 1845. 2 Abtheilungen.