182
an blutigen Fehden und Kämpfen, Gesetzlosigkeit, Finsterniß und Unwissenheit.
Gegen das Ende jener Periode war aber das Edle und Schöne fast verschwun¬
den, nur das Schlechte war geblieben; statt Treue und Liebe zum Vaterlande
herrschten Selbstsucht, kleinliche Berechnung, Eigennutz und oftmals Verrath
an Fürst und Land; statt Aufopferung für große edle Ideen Eigennutz, Ge¬
nuß der Gegenwart und sinnlicher Freuden,; statt Begeisterung für Religion und
ihre hohen Zwecke, äußere Merke und Kultus ohne Geist und Liebe, welche
beide versöhnend oder wohlthuend im Leben wirken.
Die großartigen Kämpfe einer deutschen Heldenzeit hatten aufgehört, aber
im Innern des Landes störten blutige Fehden die Ruhe des Bürgers und Land-
mannes, verdarben die Früchte ihres Fleißes, ihrer Mühe; kein Sinn für
Vaterland und seine Bewohner, Kämpfe zwischen Fürsten, selbst zwischen
Brüdern herrschten, die edelsten Bande rissen, welche die Natur geschlungen
hatte. Man strebte nur nach Besitzthum, unbekümmert um die Wahl der Mit¬
tel, das Schwert entschied, selten die Gerechtigkeit, Gewalt und Aufruhr
tobten, fremde Söldner, beutelustig und räuberisch, oft unmenschlich, kämpften
für Fürsten und Mächtige, konnte man aber den hohen Sold nicht bestreiten,
so plünderten sie im Lande und verübten Grausamkeiten aller Art. Statt Ein¬
heit und Ruhe war eine jämmerliche Zerrissenheit und Unordnung, schlechte Haus¬
wirthschaft, keine geregelte Gesetzgebung und nur kraftlose Vollführung; andre
Stelle strenger, weiser Gerechtigkeit traten Selbstrache oder die blutigen Vehm-
gerichte, es war keine Achtung vor dem Gesetze, kein festes Zusammenhalten
im Sturm und Drang gegen gewaltige Feinde. Die Macht der Fürsten war oft
zu schwach und zu beschränkt, die Güter derselben großentheils dahingegeben
oder verpfändet, stets Mangel an Geld, Abhängigkeit von den Ständen in dieser
Rücksicht, daher selten Gelegenheit oder Raum zu großartigen Unternehmungen
selbst für das Wohl und die Ehre des Landes. Mancher Ruf des Fürsten an
seine Großen verhallte ungehört an den harten Herzen, aber auch die Klagen
derselben, die Leiden des Volkes fanden oft keine Abhülfe und Erh'örung bei
jenen, besonders zur Zeit der traurigen Kämpfe zwischen K. Friedrich und seinem
Bruder Albrecht VI.
So war es in manchen deutschen Ländern, — so war es besonders auch in
Oesterreich durch längere Zeit.; stiller und ruhiger ward es wohl hier zuletzt, als
ermattet von langen Kämpfen die Krieger ruhten — aber nicht rückwärts und
auch nicht vorwärts zum Bessern ging es; doch wie in der Natur oft ein unge¬
regeltes Treiben herrscht, das alte Chaos wiederzukehren scheint, und doch neue
Kraft und Ordnung sich emporringen, so ist es auch in der Geschichte der
Menschheit der Fall. Alles ist in ewiger Bewegung begriffen, stets waltet das