Volltext: Sommerfrische Waldhausen, O.-Ö.

Der letzte Propst. 
Die Propstwahl wurde nunmehr gestattet. Am 18. Mm 
1768 wurde der bisherige Stiftsdechant (und seit 1756 Ad¬ 
ministrator^ Floridus Fromwald von 32 stimmberechtigten 
Mitgliedern Des Stiftes zum Propst gewählt. Fromwald 
war 46 Jahre alt und hatte als Administrator tüchtig und 
klug gewirtschaftet. Als Prälat sollte er des Stiftes Ver¬ 
hängnis werden. Fromwald hatte selbst in Wien heimlich 
die Prälatenwahl betrieben. Trotz gebesserter Finanzlage war 
es durch die Umtriebe eines Kanonikus von Waldhausen in 
große Gefahr gekommen, überhaupt aufgehoben zu werden. 
Fromwald hatte ein merkwürdiges Schicksal. 
Floridus, eines Postmeisters Sohn von Melk, hotte in 
seiner Jugend mit einem Gewehr seinen Bruder (mit einer 
Schrotladung) im Munde verwundet. Er floh aus dem väter¬ 
lichen Haufe in das nahe Servitenkloster Schönbüchel (Schön¬ 
bichl) an der Donau, wo er das Gelübde ablegte, in ein 
Kloster einzutreten, welches Gelübde er in Waldhausen ein¬ 
löste. 3n verhältnismäßig jungen Jahren (34) war er schon 
Administrator des Stiftes und brachte es dahin, daß die 
Gläubiger des Stiftes ein volles Drittel der Schuld nach¬ 
ließen, daß das Stift Kremsmünster die Gesamtschuld Wald¬ 
haujens zu drei Prozent übernahm, während Floridus Gelder 
seines Stiftes zu 4, 5 und 6 Prozent anlegen konnte. 
Als Administrator pflegte er mit dem Waldhausener 
Kanonikus Göll zu vertrauten Umgang, der wiederholt den 
Ausdruck fallen ließ: „Das Stift muß aufgehoben werden, 
koste es, was es wolle." Der Rebell mußte zwar das Kloster 
verlassen und in Herzogenburg sein Domizil suchen; auch 
dessen zwei Anhänger wurden gestraft. Bei der weltlichen 
Regierung mußte aber dies den schlimmsten Eindruck hervor¬ 
rufen; Floridus betrieb darum, heimlich, wie schon erwähnt, 
die Prälatenwahl, um das Stift der Gefahr der Aufhebung 
zu entreißen. 
Mit seinem Freunde, dem Grafen von Thürheim, machte 
er 1778 eine kostspielige Reise nach Paris, von der er nicht 
mehr jo zurückgekommen, wie er hingegangen. 
Doch all das hätte nicht zur Aufhebung des Stiftes 
führen können. Die Gründe der Aufhebung kamen vielmehr 
„von außen“, vom Geiste der Zeit; sie waren auch von 
„oben her"' gegeben. 
Das Stift im Josefinischen Kloftersturm. 
Schon unter Kaiserin Maria Theresia waren Beiord¬ 
nungen der Regierung ergangen, die tief in das Leben der 
Klöster eingrissen, ganz abgesehen vom Geist der damaligen 
Seit, alles vom „Staatsnutzen" aus zu bemessen und die Macht
	        
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