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werde uns in Rom das Zeugnis nicht versagen wollen, daß wir
trotz der schwersten Provokationen Serbien gegenüber seit einer
Reihe von Jahren die größte Langmut haben walten lassen, ob¬
wohl uns die immer kühner auftretende großserbische Propaganda
die schwersten Besorgnisse einflößen mußte. Da nunmehr auf Grund
des Ergebnisses der Untersuchung der Beweis deutlich vorliege,
daß man in Belgrad zur vermeintlichen Förderung seiner Ziele auch
vor den gewalttätigsten Mitteln nicht zurückschreckt, seien wir
zur Erkenntnis gelangt, daß es höchste Zeit sei, uns mit allem
Nachdruck Garantien gegen den Fortbestand der gegenwärtigen un¬
leidlichen Verhältnisse an unserer südöstlichen Grenze zu ver¬
schaffen.
Da nun die friedlichen Mittel, um Serbien zu einer Änderung
seiner Haltung zu bewegen, erschöpft seien, wäre die Entscheidung
durch die Waffen voraussichtlich.
Als Italien vor kurzer Zeit genötigt war, zur Befestigung seiner
Stellung im Mittelmeere und zur Wahrung seiner wirtschaftlichen
Interessen Krieg zu führen, hätten wir in bundesfreundlicher Ge¬
sinnung die Erfolge seiner Waffen mit Freude begrüßt und die sich
hieraus ergebende Erweiterung der italienischen Machtsphäre be¬
reitwilligst anerkannt.
Schließlich hätten Euer Exzellenz zu bemerken, daß wir die
dem freundschaftlichen Charakter unseres Bundesverhältnisses ent¬
sprechende, von Herzog Avarna abgegebene offizielle Erklärung,
Italien werde im Falle des Eintretens eines kriegerischen Konfliktes
zwischen uns und Serbien seiner Bundesverpflichtungen eingedenk
sein, mit dankbarer Genugtuung zur Kenntnis genommen haben.
12.
Graf Berchtold an Herrn yon Mérey.
Telegramm. Wien, am 26. Juli 1914.
Gestriges Telegramm Graf Szôgyénys :
„Staatssekretär sagte mir heute, mein italienischer Kollege habe
sich darüber verwundert gezeigt, daß Euer Exzellenz seiner Re¬
gierung, als verbündeter Macht, von unserem Belgrader Schritte
nicht früher Mitteilung gemacht hätten.
Herr von Jagow antwortete, auch Deutschland sei nicht früher
von uns verständigt worden, was er, Jagow, auch für die richtige
Vorgangsweise halte, da der jetzige Konflikt als eine Angelegenheit
zwischen Österreich-Ungarn und Serbien zu betrachten sei.
Er werde dies auch dem kaiserlich deutschen Botschafter in
Rom zur Regelung seiner Sprache mit dem Beifügen telegraphieren,
er möge Marchese di San Giuliano gegenüber gegebenenfalls noch