Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Frühjahr 1915 (1 ;)

schreiten des San nichts mehr gehört. Sie waren in der Verfolgung weit zurückgeblieben nnd 
legten der Einschließung und Belagerung von Przemgsl übertriebene Bedeutung bei. Der öfter- 
reichisch-ungarische Thef des Generalstabes, General der Infanterie Freiherr von Conrad, nahm 
jetzt seine hart mitgenommenen Truppen nicht mehr weiter gegen Westen zurück, sondern lieh 
sie östlich der Biaia und östlich des unteren Dnnajec eine Verteidigungsstellung beziehen. Schon 
stand ja auch die unmittelbare Schlachtunterstützung durch die aus Ostpreußen mit der Bahn nach 
Oberschlesien herangeführten deutschen 9. Armee bevor. Mit ihrer Hilfe hoffte man die russischen 
Massen zunächst aufzuhalten und dann durch einen Gegenstoß zurückzuwerfen. 
Als die 1er Kaiserjäger 
am 2b. September in Za- 
wada eingetroffen waren, da 
wurden sie gleich zum Aus- 
bau einer Berteidignngs- 
stelluug herangezogen. Man 
rechnete mit einem baldigen 
feindlichen Vorstoß und 
wollte die Russen an eine 
befestigte Front in West- 
galizien anrennen lassen, sie 
dort im Stirnkampf binden, 
während von Norden Gene- 
raloberst von Hindenburg 
mit der deutschen 9. Armee 
und von Süden General 
der Kavallerie von Böhm- 
Lrmolli mit der österreichisch- 
ungarischen 2. Armee überraschend in des Feindes Flanken stießen. Der Mannschaft, ja sogar der 
alten kampferprobten, war der Ausbau dieser stützpunktartig angelegten Stellungen, weil dies im 
Frieden nicht genügend und zweckentsprechend geübt worden war, etwas ganz Neues, obwohl die 
Ausführung der Deckungen damals noch eine recht einfache war. Kaum mannstiefe Gräben mit 
einfachen Schutzdächern und dünner Grdanflage gegen Schrapnellfeuer und vor den Gräben ein 
zweifaches Drahthindernis riefen bei den Leuten, da sie es eben nicht gewöhnt waren, schon das 
Gefühl vollkommener Sicherheit wach. 
<3n diesen Schützengräben wollte man nun die Moskalen erwarten. Seit dem 29. September 
morgens hörte man im Norden häufig leichten Geschützdonner, auch kam die Nachricht, daß 
feindliche Reiterabteilungen bis an die Wistoka und darüber hinaus vorgedrungen waren. Aber 
die Tage vergingen, ohne daß sich stärkere feindliche Kräfte diesseits der Wisloka blicken liehen. 
Nun begann man beim k. u. k. Armeeoberkommando in Teschen zu zweifeln, ob die Russen auch 
wirklich dem österreichisch-ungarischen Nordheere auf Krakau folgen würden. Waren sie durch 
den schlachtenreichen Sommerfeldzug vielleicht schwerer getroffen als ihr Gegner? Noch wußte 
man nicht, daß General öwanow, der Oberbefehlshaber der russischen südwestlichen Front, den 
Vormarsch schon nach dem Überschreiten des San eingestellt hatte, noch wußte niemand, das? der 
Großfürst Nikolai Nikolajewitsch drei Russenarmeen aus Galizien nach Norden schob, da er den 
Wünschen seines westlichen Bundesgenossen, Frankreich, Rechnung trug und im Weichsellande 
einen gewaltigen Sturmblock zur Abwehr des drohenden deutschen Angriffes und zum Stoß in das 
Herz Deutschlands aufbauen wollte. 
Dieser bedeutsame Entschluß, der an Stelle einer kraftvollen Verfolgung in Galizien trat, gab 
dem um mehr als zwei Drittel feiner ursprünglichen Streitmacht geschwächten k. n. k. Nordheere 
die Möglichkeit, sich für den neuen Feldzug wieder schlagkräftig zu machen. Zwar störten die 
schwere Grabenarbeit, der anstrengende Sicheruugsdieust und häufiges Regenwetter die Er- 
holung. Doch war das ungünstige Wetter jetzt leichter zu ertragen als während der andauernden 
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Zawada, Lnde September 1914
	        
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