Volltext: Das Trugbild von Versailles

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Die Wege der Jugoslawen und der Bulgaren 
Als die Sieger in Versailles zusammentraten, um die Welt zu verteilen, 
sahen sie sich alle vor Zugeständnisse gestellt, denn ihre Forderungen er- 
schöpften die ganze Fülle des Gutes der Besiegten. Keiner erhielt so viel 
wie er begehrte. Es war ein Schauspiel, wie es die Welt noch nie gesehen, 
seit Koalitionen gegeneinander gefochten. Selbst diejenigen, die am reichsten 
beschenkt erschienen, klagten über entgangenen Gewinn und den Bruch er 
haltener Versprechungen. Die Zugeständnisse, zu denen sich die Großen 
gegenseitig genötigt sahen, und die Kürzungen, die die Klemm über sich er- 
gehen lassen mußten, spotteten des Vertrages, der sich des Verschleißes der 
Veute unter Anrufung des Rechtes und der Gerechtigkeit befliß. Selbst 
Numänim stand unter den Enttäuschten. 
Als das Kabinett Bratianu am 10. September 1919 aufgefordert 
wurde, den Friedensvertrag von St. Germain zu unterzeichnen, verweigerte 
Bratianu seine Unterschrift, weil Rumänien nicht das ganze Banat erhielt, 
das ihm vor dem Eintritt in den Krieg zugesprochen worden war, und 
schied aus dem Amte; und als sein Nachfolger sich bereit fand, das Banat 
dem Spruche der Gewaltigen gemäß mit den Serben zu teilen, erblickten die 
Rumänen darin einen Verzicht. So stehen Rumänen und Serben heute 
zwar im Banat Schulter an Schulter gegen Ungarn und das Deutschtum 
aufmarschiert, aber auch zwischen ihnm herrscht nicht eitel Eintracht und 
Zufriedenheit. Die Teilung des Banats wird von beiden als Beeinträch 
tigung empfunden. Beide büßen die Verkehrung der Front. 
Nicht der Rumäne, sondern der S er b e, der als südflawische Vormacht 
Altserbien,Montenegro, Kroatien und Slowenien im Königreich Zugo- 
slawien vereinigt hat, erscheint von größerem Antrieb und stärkerer 
Kraft erfüllt, obwohl auch er geschlagen ward und das Königreich der 
Rumänen das der Südflawen an Umfang und Bevölkerung übertrifft. 
Jugoflawien ist das stärkste Neugebilde im Staatenbilde der Gegenwart. 
Der Kern des Staates ist zentral gelagert und das Altserbentum, das im 
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