Volltext: XV. Jahrgang, 1910 (XV. JG., 1910)

Nr. 160. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 20. 
artige Vereinbarung ist der Ringbildung noch weit ent¬ 
fernt; die Bildung eines Ringes zu unbilliger Preistreiberei 
ist schon um deswillen ausgeschlossen, da im Falle einer 
solchen die Behörde sich nicht genieren würde, Offerten 
auswärtiger Firmen zu berücksichtigen. 
Städtische Bodenpolitik. 
Vortrag des Stadtlandmessers Groll zu Hersfeld. 
Ohne auf theorische Streitfragen einzugehen, will ich 
mich im folgenden darauf beschränken, die praktischen 
Maßnahmen darzulegen, die zur Durchführung einer ziel¬ 
bewußten städtischen Bodenpolitik notwendig sind. Zweck 
einer solchen Bodenpolitik muß es sein, die geeigneten 
Mittel und Wege zu finden, um möglichst billig den für 
Zwecke der Allgemeinheit nötigen Boden zu erwerben, 
den erworbenen Boden zusammen mit dem Eigenbesitz 
nach bestimmten Grundsätzen zu verwalten und zu ver¬ 
werten und nach Möglichkeit einer gesunden Wertstei¬ 
gerung der Bodenpreise entgegenzuarbeiten. 
Eine planmäßige Durchführung der städtischen Boden¬ 
politik ist aber nur möglich, wenn man die zur Beurteilung 
der einschlägigen Verhältnisse geeigneten Planunterlagen 
hat, und es muß die erste Aufgabe einer jeden einsichtigen 
Verwaltung sein, sich die Bücher und Karten zu ver¬ 
schaffen, die jederzeit Aufschluß über Größe, Eigentümer 
und Lage eines jeden Grundstückes geben. Das erste 
Erfordernis ist die Beschaffung eines Übersichtsplanes 
über das Weichbild der Stadt und ihre Umgebung, soweit 
sie jetzt oder künftig für die Bebauung in Frage kommt. 
Die Wichtigkeit der Forderung eines solchen Einheits¬ 
planes kann nicht eindringlich genug betont werden. Die 
meisten Gemeinden besitzen Einzelpläne in verschiedenen 
Maßstäben. Bei dem heutigen Stand der Technik ist es 
ein leichtes, mit Hilfe der Lithographie und Photographie 
Übersichtspläne aus den verschiedensten Maßstäben zu 
einem Maßstab etwa 1:2000 zusammenzustellen. Je größer 
der Maßstab der Einzelpläne, desto besser ist es, denn 
eine Verkleinerung ist stets möglich, sieht gut aus und 
wird genau, was für Vergrößerungen viel weniger gilt. 
Erfreulicherweise sind in der Beschaffung von Umdruck¬ 
plänen schon große Fortschritte zu verzeichnen; die 
Feuilleton. 
Der Traum eines Hausmeisters. 
Mehrere Fachblätter Deutschlands darunter die 
„Berliner Industriezeitung“, das „Gewerbeblatt in Nürn¬ 
berg“, die „Leipziger Malerzeitung“ u. a. m. bringen seit 
neuerer Zeit unter dem Strich ihres Hauptblattes, kleine 
humoristische Feuilletons, die nicht gerade fachlicher 
Natur sind, aber doch Angelegenheiten behandeln, die 
mit dem betreffenden Gewerbezweig in Verbindung stehen 
und durch eine öffentliche kritische Behauptung vielleicht 
eine Milderung erfahren können. Wir wollen dieses 
Streben nachahmen, uns für diesmal nicht jene den Bau¬ 
fachleuten, sondern den Hausbesitzern und Wohnungs¬ 
mietern, die unter dem Drucke eines bösen Hausbesorgers 
zu leiden haben, ein Geschichtchen erzählen, das zwar 
erfunden, aber wenn es sich ereignen könnte, eine 
große Wohltat werden würde. Der Traum sollte folgen¬ 
dermaßen vor sich gehen. 
Dem Hausmeister Christof wurde jedes Mietsquartal 
die Ehre zu teil, beim Zinszahlen der Parteien in der 
Kataster Verwaltung hat sich bereits das Gisalumdruck- 
verfahren zunutze gemacht und gibt jetzt Umdruckpläne 
zu billigen Preisen heraus, während die Kopien früher 
viel Geld kosteten, da ihre Ausfertigung mit einem großen 
Zeitaufwand verbunden war. Man wird auch schon deshalb 
das Umdruckverfahren vorziehen, weil man diese Umdruck¬ 
pläne den verschiedensten Zwecken der Verwaltung 
dienstbar machen kann. 
Einen Planumdruck wird man zunächst so vervoll¬ 
kommnen, daß man den städtischen, fiskalischen und 
größeren Privatbesitz mit je besonderen Farben anlegt. 
Schon um bei Feststellung der Grundstückseigentümer 
nicht ständig auf die direkte Mitwirkung des Katasteramts 
angewiesen zu sein, liegt es im größten Interesse jeder 
Stadtverwaltung, sich neben der Abschrift der kataster¬ 
amtlichen Gebäudesteuerrolle auch eine Abschrift des 
Flurbuchs zu beschaffen und für deren Fortführung Sorge 
zu tragen; sind dies doch unentbehrliche Nachschlage¬ 
werke für den täglichen Gebrauch. Um nun auch einen 
Anhalt für den Wert der Grundstücke zu haben, trägt 
man zunächst etwa mit Hilfe der katarsteramtlichen 
Kaufpreissammlung die auf einen Quadratmeter berech¬ 
neten Verkaufspreise in die einzelnen Parzellen ein. In 
Klammern fügt man zweckmäßig die Jahreszahl bei. Im 
allgemeinen wird der Wert der Grundstücke im Preise 
zum Ausdruck kommen, und der Kenner der Verhältnisse 
wird schon wissen, wann und wie weit sich der Preis 
mit dem Werte deckt. Liebhaberpreise etwa für einen 
Park von historischer Bedeutung mit alten Baumgruppen 
wird man naturgemäß nicht für die Bewertung des an¬ 
grenzenden Ackergrundstücks heranziehen. Je länger 
diese Bewertungen und Preiseintragungen in die Über¬ 
sichtspläne fortgeführt werden, um so mehr steigt der 
Wert der so entstandenen Unter]agen; der Beamte sammelt 
wertvolle Erfahrungen und Sachkunde, und was das 
Wichtigste ist, die Bewertungen gewinnen an Zuverlässig¬ 
keit, man erhält mit jedem Jahr ein anschauliches 
Bild, nicht nur von dem Besitzstände, sondern auch von 
dem Besitzwechsel, den Bodenpreisen und ihrer Preis¬ 
steigerung. Diese Übersichten lassen sich auch in Bänden 
vereinigen, es lassen sich verschiedene Bände nach be¬ 
stimmten Perioden und Gesichtspunkten anlegen. Auch 
Wohnung des Hausherrn weilen zu dürfen, um Zeuge zu 
sein, wenn ein oder der andere Mieter sich vergessen 
sollte, den hausherrlichen Respekt außer acht zu lassen 
oder gar so frech wäre, beleidigend gegen den Herrn des 
Hauses auftreten zu wollen. Der Christof war ein Böse¬ 
wicht, der besagte Zeit gar nicht erwarten konnte, um 
die Früchte kennen zu lernen, die seine dreimonatlichen 
Denunziationen getragen haben, und zu sehen, wie die¬ 
selben von den Tribut entrichtenden Parteien hinabge¬ 
würgt und verschluckt werden mußten. Dieser Racheakt 
wurde infolge der Aufregung und mehrfach erhaltener 
Trinkgelder von Christof immer im Wirtshause beschlossen 
und endigte mit der Aufnahme einiger Halben gutem 
Steinbrucher, worauf derselbe schwer beladen nach Hause 
schwankte, um sich Gott Morpheus und seiner liaus- 
meisterischen Ehehälfte in die Arme zu werfen. So geschah 
es auch zum letzten Zinstermin dieses Jahres. Christof 
lag mit seinem Steinbrucher im Bette, da träumte ihm, 
er wäre sein eigener Hausherr, säße am Zinstage im 
eleganten Zimmer auf weichem Fauteuils Tschibuk 
rauchend, und der Dinge harrend, die da kommen sollten. 
Auf einmal klopft es schüchtern; herein 1 — ruft er
	        
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