Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

XIV. Jahrgang, Nr. 7. 
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Linz, 1. April 1909. 
Oberösterreichische Baazeitnng 
Zeitschrift für Bauwesen 
Organ des „Vereines der Baumeister in Oberösterreich“. 
Redaktion und Administration: Buchdruckerei C. KOLNDORFFER, LINZ, Domgasse Nr. 5. 
Man pränumeriert auf die OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG: 
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Erscheint am 1. und iS. 
jedes Monat. 
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INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem billigsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober¬ 
österreichischen Bauzeitung“, Linz, Domgasse Nr. 5, ferner bei 
allen größeren Annoncen-Expeditionen des In- u. Auslandes. Eventuelle 
Reklamationen und Beschwerden direkt an uns erbeten. 
Inhalt. Eine eigentümliche Fassadedekoration. — Die Maltechnik in 
der Sgraffito-Malerei. — Geschichtliches über mohamedanische Baukunst 
(Schluß). — Lokale Baunotizen. — Baunachrichten aus Tirol, Salzburg und 
Vorarlberg. — Aus den Gemeinderatssitzungen in Linz. — Ausweis über die 
Umschreibung von Immobilien in Linz. — Angesuchte Baulizenzen in Linz. 
— Inserate. 
Eine eigentümliche Fassadedekoration. 
Wer die ungarische Hauptstadt Budapest besucht 
und darin die langgestreckte Andrässystraße wandelt, 
dem wird unter den vielen Prachtbauten ein Gebäude 
auffallen, das eine eigentümliche Dekorierung der Passade 
aufweist und ihn daher zu einer näheren Betrachtung 
derselben animiert. 
Es ist dies das Haus für die königlich-ungarische 
Landes-Zeiehenschule, dessen äußere Wandflächen im 
ersten und zweiten Geschoß so reichlich mit kunstvoll 
ausgeführten Sgraffito-Malereien bedeckt sind, wie man 
sie, außer an den alten Palästen in Italien, bei keinem 
zweiten Bau der Neuzeit vorfinden dürfte. Die Deko¬ 
rierung dieses Gebäudes hat seine eigene Vorgeschichte, 
die nicht uninteressant ist, hier erzählt zu werden. 
Als das Haus noch im Bau war, sann man hin und 
her, wie man dessen Äußeres gestalten sollte, um ohne 
hohe Kosten unter den zahlreichen luxuriös ausgestatteten 
Privatbauten als öffentliches Anstaltsgebäude nicht ver¬ 
schwinden zu müssen. Die beste Lösung dafür fand der 
Direktor dieser Anstalt, Herr Professor Ludwig 
Rauscher, ein Deutscher, der dem Unterrichtsmini¬ 
sterium proponierte, die ganzen Wandflächen des Hauses 
nach seinen Kartons und mit seinen Schülern in Sgraffito- 
Malerei überziehen zu lassen, was das Ministerium mit 
Freuden akzeptierte. Und so entstand die Dekorierung, 
welche von^40 Schülern der Anstalt in nahezu fünf 
Monaten hergestellt wurde und als eine Sehenswürdigkeit 
der antiken Dekorationsmalerei in der ungarischen Haupt¬ 
stadt gelten kann. 
Den kunstverständigen Lesern unseres Blattes dürfte 
■es interessieren, in welcher Weise diese' Dekorationsart 
zur Anwendung gelangte. Der erste und zweite Stock 
zeigen eine glückliche Vereinigung der Architektur mit 
den prachtvoll ausgeführten Sgraffito-Zeichnungen, welche 
die glatte Wandfläche zwischen den Fenstern und Ge¬ 
simsungen bedecken. Um die Bodenquadern der Fenster 
schließt sich ein breites, sich wiederholendes Linien¬ 
ornament an; der übrige Teil der Wandfläche zwischen 
den Fenstern ist in der Zeichnung als Pfeiler behandelt, 
in denen sich Medaillons befinden, welche die Symbole 
der Architektur, Malerei, Bildhauerei und des 
Zeichnens führen. Unter dem Trennungsgesims des 
ersten Stockes, welches zugleich das Brüstungsgesims 
für die Fenster des zweiten Geschosses ist, befindet sich 
eine fortlaufende Palmettenreihe mit Perlenstab und 
bildet diese gleichsam so den Fries jenes Geeimses. 
Unter diesem Band sind Lorbeergehänge, von welchen 
abwechselnd kleinere Schilder oder Medaillons in den 
Raum zwischen den Fensterbögen herabgeführt sind und 
welche auf blauem Grunde figuralische Gestalten zeigen 
Alle umrahmenden, geometrische oder einzeln trennende 
Linien sind in Gold hervorgehoben. 
Die ganze Anordnung dieser Sgraffito- Ornamente 
und Zeichnungen ist in ihrer zart gedachten und fein 
gefühlten Detaillierung von ungemeinem Zauber, welcher 
noch durch den warmen gelben Grundton der Wand¬ 
fläche, von welcher sich diese abheben, erhöht wird. 
Die Fensterbrüstung des ersten Stockes zeigt in der 
Mitte eines jeden Fensters einen Früchtenkranz, welcher 
von phantastisch gestalteten Figuren gehalten wird. In 
diesen Kränzen, dessen Bandschleifen durch Gold markiert 
sind, befinden sich auf rotem Grund die Köpfe berühmter 
Künstler und zwar: Titian Vigelio, Albrecht 
Dürer, Leonardo da Vinci, Bramante, Rafael 
Santi, Michel Angelo-Buonarotti. In der Seiten¬ 
front des Hauses die Bildnisse von Sant-Michele, 
Karl Marko (ungar. Künstler), Jo sh na Reinold t, 
Nikolaus Poussin, Rubens, Velasquez de Silva, 
Rembrandt, van Ryn, Antonio de Ooreggio, 
Lucca de la Robia, Donatello und endlich Hol¬ 
bein. Der zweite Stock zeigt an den beiden Mittelpfeilern 
Schilder, welche die Jahreszahl der Erbauung des Ge¬ 
bäudes tragen und sind die dreieckigen Felder zwischen 
den Spitzbögen der Fenster teils mit Gehänge, teils 
mit Ornamenten ausgefüllt. Das Gold fand hier ebenso wie 
im ersten Stockwerk bei allen umfassenden oder tren¬ 
nenden Linien Anwendung. Das Hauptgesims, korinthisch, 
in schönen Verhältnissen und mit genügend weiter Aus¬ 
ladung, ist ohne Architrav und glatten Fries durchge- 
fütirfc. Die ganze malerische Ausschmückung der Fassade 
ist mit Geschmack und hohem .Kunstverständnis herge- 
gestellt, was von allen fremden Malkünstlern, Architekten 
und Bildhauern zugestanden wird. 
Trotzdem gelangte man zur Einsicht, daß diese alte 
Malmethode, für die man vor zwanzig Jahren auch in 
Wien Propaganda machte, sie wieder aufleben zu lassen, 
heute keine Anhänger mehr finden kann, weshalb die 
Landes-Zeichnenschule in Budapest höchstwahrscheinlich 
in der Ausbildung1 ihrer Fassade sobald keine Nachahmer 
finden wird. Kornhoff er.
	        
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