Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Nr, 4. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 27. 
Bedingungen entspricht. Seit Siemens die regenerative 
Gasbeleuchtung ins Leben gerufen hat, sind uns intensive 
Lichtquellen zur Verfügung gestellt worden; sie haben 
eine Erweiterung und Vermehrung durch die elektrische 
Bogenlampe und das Gasglühlicht erhalten. Die elektrische 
Glühlampe muß man derzeit als kleinere und teure Licht¬ 
quelle von der Schulbeleuchtung ausnehmen, wegegen 
die Bogenlampe wiederum selbst in ihrer kleinsten Form 
an hohe und weite Räume gebunden ist. 
Wie uns aber jeder vorübergehende Wechsel bei 
Tage stört, jede plötzlich beschattende und ebenso rasch 
wieder vorüberziehende Wolke uns unwillkürlich vom 
Buch aufsehen macht, so kann auch von der künstlichen 
Beleuchtung nicht streng genug eine beständig gleich¬ 
mäßige Lichtentwicklung, die Vermeidung jeglichen 
Flackerns gefördert werden. 
Jede gebotene Verbesserung in dieser Hinsicht ist 
deshalb willkommen zu heißen ; gleichwohl ist aber zu¬ 
zugeben, daß etwas tatsächlich Vollkommenes zu leisten 
bisher nicht möglich gewesen. Frei brennende Flammen 
sollten für Zwecke der Lesezimmer-Beleuchtung ein 
überwundener Standpunkt sein. Jedoch auch der Zylinder 
vermag die Stetigkeit der Flamme nur in bescheidenem 
Maße zu wahren; nur empfindliche Regulatoren, wie 
solche bei den Regenerativ-Lampen gebräuchlich und 
notwendig sind, vermögen ,das Übel einigermaßen zu 
lindern. Ja selbst das für so ruhig brennend ausgegebene 
Gasglühlicht vermag sich nach dieser Seite hin nicht 
ganz rein zu waschen, wenn hier nicht gar die noch oft 
vorkommende Gefahr eintritt, daß der Glühkörper zerfällt 
und so vielleicht eine gerade notwendige Lichtquelle 
erlöscht. Bei der Unmasse von Einzelheiten, welche bei 
der Ausführung einer elektrischen Bogenlampe zu be¬ 
achten bleiben wegen der Zufälligkeiten, welche ihren 
Betrieb beeinträchtigen können, ist es ferner nicht ver¬ 
wunderlich, wenn wir andauernden und häufigen Störungen 
obiger Art gerade unter Benutzung der Bogenlampe aus¬ 
gesetzt sind. Der Anlage solcher sonst sehr zu schätzender 
Beleuchtung in dem Schulzimmer wird eine Überlegung 
des erwähnten Nachteiles voraus zu gehen haben. 
Es genügt nicht, die Beleuchtung einer Erziehungs¬ 
anstalt nach den besprochenen Gesichtspunkten gewürdigt 
zu haben. Wenn nämlich die Technik sich die Aufgabe 
gestellt hat und vor Augen haben muß, die Wirkung 
des künstlichen Lichtes derjenigen des Tageslichtes tun¬ 
lichst nachzuahmen, so ist auf die gewichtige Erscheinung 
zu verweisen, daß wir zum Lesen und Schreiben Orte 
aufsuchen, welche nur durch diffuse Lichtstrahlen getroffen 
werden, daß wir uns in dem Falle niemals dem direkten 
Sonnenlichte aussetzen werden. Wir trachten so instinktiv 
zweierlei Unzuträglichkeiten aus dem Wege zu gehen; 
einmal sollen große Kontraste vermieden werden, — denn 
wo viel Licht, da ist viel Schatten — dann aber ver¬ 
hüten wir es, geblendet zu werden. Und warum sollten 
wir das, was das Individuum aus sich selbst heraus 
beansprucht, der Schuljugend vorenthalten, wenn wir 
unter Benutzung der gebotenen Htilfsmittel und der 
Erfahrung der Wirklichkeit einen großen Schritt entgegen 
machen können? Freilich das Ideal, das Schulzimmer 
lediglich durch indirektes Licht, welches etwa durch die 
aus bekannten Gründen vorwiegend zur linken Hand der 
Schüler angeordneten Fenster eintritt, zu erhellen, wird 
wohl wegen zu hoher Kosten außer Betracht bleiben 
müssen. Dagegen stehen starke Lichtquellen zur Ver¬ 
fügung, deren sachgemäße Verwendung förderlich wirkt. 
Die richtige Anordnung und Verteilung von Regenerativ- 
Gaslampen ergibt wohl einen Effekt, welcher einer gleich¬ 
mäßigen Beleuchtung der Subsellien nahe kommt und 
die Bildung der Schatten des Kopfes und der Hand auf 
dem Schreibhefte ausschließt, wenn gleich die Erhellung 
mit der Richtung der Lichtstrahlen und der Entfernung 
merklich variiert. Die beregte Lampengattung wird auch 
in einer solchen Höhe über den Köpfen angeordnet, daß 
der Schüler beim Sehen nach dem Lehrer nicht die 
Flamme streifen muß, daß also eine direkte Blendung 
wenigstens gehoben ist. 
Bei der gewöhnlichen, wegen ihrer geringen Leucht¬ 
kraft niedrig gestellten Gasflamme wendet man, um das 
Blenden zu verhindern einerseits, eine gleichmäßige 
Lichtverteilung zu erreichen andererseits, Milchglas¬ 
glocken und ebensolche Teller an, berücksichtigt aber 
meist nicht die Folge, daß dadurch bis zur Hälfte die 
Leuchtkraft verloren geht, und daß man, um den Verlust 
zu ersetzen, eine Vermehrung der Flammen, also -eine 
Vergrößerung der später zu berücksichtigenden Übel¬ 
stände in den Kauf nehmen muß. Aus gleichen Gründen 
müssen Gasglühlampen stets mit Glocken benutzt werden, 
um so mehr, als die Glühkörper hier von einer verhält¬ 
nismäßig kleinen Fläche viel Licht ausstrahlen, mit 
anderen Worten, stark blenden. 
Am meisten leistet hierin allerdings das elektrische 
Bogenlicht, welches von einem 3—5 mm. langen Licht¬ 
bogen Tausende von Kerzen entwickelt. Diese werden 
aber von dem nackten Licht wegen des ungleichmäßigen 
Abbrennens der Kohlenstifte unter den üblichen Ver¬ 
hältnissen zumeist unter 45° nach unten geworfen; anders 
geneigte Lichtstrahlen nehmen an Helligkeit erheblich 
ab, so daß die Bogenlampe an sich nur einen verhältnis¬ 
mäßig kleinen Kreis und diesen zwar ausgiebig durch¬ 
leuchten, wenn nicht eben die matte Glasglocke die 
Strahlen brechen und zerstreuen würde, allerdings nicht 
ohne ein Drittel derselben zu schlucken. Das Hochhängen 
der elektrischen Glühlampe sowohl, wie auch das Um¬ 
gehen derselben mit strahlenbrechenden Mitteln hat die 
Folgen, welche diese Lichtquelle allein als ungeeignet 
für die Schule stempeln, wenn nicht eben nur örtliche 
Beleuchtung erheischt wird, wie es z. B. beim Zeichnen¬ 
unterricht der Fall ist. 
Vor 15 Jahren hat wohl der Moskauer Professor 
Erisman den Gedanken, den Schulraum durch diffuses 
künstliches Licht zu erleuchten, ins Praktische übersetzt, 
indem er unter die Regenerativ-Gaslampen eines Zimmers 
nach oben offene, innen weißlackierte Blechkronen an¬ 
ordnete, so daß von den Lampen nichts mehr zu sehen 
war, die Lichtstrahlen vielmehr nach der Decke und den 
Wänden und von da erst auf die Tische geworfen wurden. 
Mit dieser Einrichtung wurde zwar eine absolut indirekte 
Erhellung erzielt; dabei gingen jedoch etwa zwei Drittel 
des Lichtes verloren. Später ausgeführte Versuche, bei 
denen durchscheinende Mittel zur Herstellung des 
Reflektors benutzt wurden, wie Papier, Mattglas, ergaben 
einen Mittelweg, auf dem nicht ganz diffuses Licht erzielt 
wurde, indem der Reflektor zum Teil Licht direkt durch¬ 
scheinen ließ ; dafür aber auch nur ein Verlust von etwa 
30 pOt. Nähert man sich also der vollständig diffusen 
Beleuchtung, so hat man eine ca. 66 pOt. betragende 
Einbuße zu gewärtigen, während andernfalls der Verlust 
bis auf 30 pCt. wieder wett gemacht wird. Nehmen wir 
beispielsweise die elektrische Bogenlampe an, welche ja 
doch einer Glocke bedarf, deren Lichtabsorption dem
	        
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