Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Nr. 3. 
Ober österreichische Bauzeitung. 
Seite 19. 
überängstlich vor dem ersten Versuch sein, so empfiehlt 
es sich, die Rouleaux herunter zu lassen, jedoch nicht 
senkrecht, sondern schräg nach dem Innern des Zimmers. 
Steht ein Schlafzimmer mit Wohn räumen in Verbindung, 
so empfiehlt es sich, die Türe offen zu lassen. Das 
Schlafen in ungeheiztem Zimmer ist immer am gesün¬ 
desten, weil bei der kühleren Luft in Folge ihrer größeren 
Dichtheit durch jeden Atemzug eine größere Menge 
Sauerstoff eingeatmet wird. Wer krankheits- oder gewohn¬ 
heitshalber sein Schlafzimmer heizen muß, der benutze 
einen im Zimmer selbst heizbaren Ofen, womöglich 
einen Regulierofen, bei dem keine Gefahr für Kohlenoxyd¬ 
vergiftung vorhanden ist. 
Das Brennen von Nachtlichtern verschlechtert die 
Luft so sehr, daß man ein Nachtlicht gleich einen und 
eine Gasflamme gleich vier Menschen rechnen kann. 
Hohe Bettstellen sind vorteilhaft, weil die dem Körper 
schädliche Kohlensäure sohwerer als die atmosphärische 
Luft ist und deshalb mehr zu Boden sinkt ; nachteilig 
dagegen die Rollbettchen und Körbe, welche unmittelbar 
über dem Fußboden als Lager für Kinder bei ärmeren 
Familien dienen. Hier würde eine geeignet konstruierte 
Hängematte viel bessere Dienste leisten. 
Auf jedes benutzte Bett eines Schlafzimmers sollte 
ein Raum von 6 Quadratmeter und 20 Kubikmeter Luft 
kommen. 
Für Wohnzimmer gelten im Ganzen ähnliche Grund¬ 
sätze wie für die Schlafzimmer. Häufiges Öffnen Von 
Fenstern und Türen ist ein längst bekanntes, aber nur 
zu wenig befolgtes Mittel zur Lufterneuerung. Leider 
halten die meisten Menschen die Luft eines Wohnraumes 
erst dann für verdorben, wenn dies den Geruchsorganen 
fühlbar wird ; die eigentlichen Luftverderber aber, Kohlen¬ 
säure, Kohlenoxydgas, Übergröße Menge Wasserstoff etc. 
sind keineswegs sofort bemerklich. Kohlensäure in großer 
Menge erzeugt Blutvergiftung, Ohnmachtsanfälle; bei 
geringen aber gesundheitswidrigen Mengen wirkt sie als 
schleichendes Gift, ohne daß die damit Belästigten eine 
Ahnung davon haben. Das Gleiche gilt vom Köhlen- 
oxydgas. Auch der Wasserdampf der Luft kann ein 
übergroßer sein und dadurch sowohl die Verdunstung 
auf der menschlichen Körperoberfläche, sowie auf der 
Lunge hindern. Außer dem Atmen vieler Menschen in 
einem Raum ist Wäschetrocknen, Kochen, Aufwaschen 
der Fußböden die gewöhnliche Ursache der Übersättiguhg 
mit Wasserdampf; auch das Kochen im Zimmer erzeugt 
eine enorme Menge von Wasserdampf. Ein ziemlich 
sicheres Mittel zum Erkennen des Wassergehaltes der 
Luft eines Zimmers bieten die Fensterscheiben; wenn 
diese stark triefen, so ist dies ein sicheres Zeichen von 
Wasserdampf, bleiben sie trocken, ein Zeichen von Wasser¬ 
mangel. In allen Fällen hilft nur das häufige Öffnen von 
Fenster und Türen. 
Landwirtschaftliche Bauten. 
Der heutige Betrieb der Landwirtschaft unterscheidet 
sich wesentlich von dem früherer Zeiten. Der Mangel an 
ausreichenden Arbeitskräften, die Anwendung von Ma¬ 
schinen bei den verschiedenen Manipulationen, die hohen 
Beträge der zu zahlenden Löhne und der Wirtschafts¬ 
kosten überhaupt, haben auch auf den Bau der landwirt¬ 
schaftlichen Gebäude Einfluß geübt und es ist dringend 
notwendig, daß der Bauverständige sich eine genaue 
Kenntnis verschaffe, wie dergleichen Bauten möglichst 
zweckentsprechend ausgeführt werden. 
Die landwirtschaftlichen Gebäude teilen sich in fol¬ 
gende Hauptklassen: Wohngebäude, Gebäude zur Her¬ 
stellung von Fabrikaten aus den auf dem Gute gewonnenen 
Erzeugnissen, Stallgebäude für die verschiedenen Vieh¬ 
arten etc. und Scheunengebäude. 
Mit der Beschreibung der letzteren, welche die wert¬ 
vollen Körner aufnehmen, aus denen das nötigste Nah¬ 
rungsmittel des Menschen, das wohlschmeckende Brot, 
bereitet wird, wollen wir den Anfang machen. 
Die Scheu n e n zerfallen in bezug auf ihre Raum¬ 
einteilung und bauliche Konstruktion in vier Unterab¬ 
teilungen: a) Scheunen mit Tennen oder Dielen, ‘welche 
durch die Tiefe des Gebäudes reichen — b) Scheunen 
mit Seitenlangtennen — c) Scheunen mit Mittellangtennen 
— d) Scheunen mit Mittellang- und Quertennen. 
Die erste Art war bisher die am weitesten verbreitete, 
obgleich auch Scheunen mit Mittellang- und Seitenlang¬ 
tennen schon sehr lange bekannt sind. 
Bis in die neueste Zeit sind Scheunen der be¬ 
schriebenen vier Abteilungen erbaut worden, je nachdem 
der bauende Besitzer für eine dieser Arten Vorliebe hatte. 
Bei dem Wiederaufbau abgebrannter oder bei der An¬ 
lage neuer Vorwerke und Gutshöfe müssen jedoch be¬ 
züglich der Scheunen folgende Grundsätze beobachtet 
werden, sogar allein maßgebend sein: 
1. Das neu zu errichtende Gebäude muß so ge¬ 
räumig angelegt werden, daß der ganze Einschnitt einer 
guten Ernte darin untergebracht werden kann, damit das 
Ansetzen von Nebenbauten (Abseiten) vermieden werde; 
2. muß das Gebäude so entfernt wie nur möglich 
von den anderen Wirtschaftsgebäuden errichtet werden, 
damit das Einfahren in dasselbe mit der größten Be¬ 
quemlichkeit geschehen und auch die Lokomobile zum 
Dreschen des Getreides, wo es verlangt wird, den nötigen 
Platz finden können; 
3. muß die Einteilung des Gebändes derart sein, 
daß das Entladen der Getreidewagen schnell von wenigen 
Händen gemacht werden kann, sowie auch das Ver¬ 
packen der Garben. 
Auf die Bauart hinsichtlich des Materials kommt es 
nicht an; es ist Vorurteil zu glauben, das Getreide halte 
sich nur in hölzernen Scheunen unter Rohr oder Stroh¬ 
dächern. Wie für alle anderen Gebäude sich der Massiv¬ 
bau empfiehlt, so ist solcher auch für Scheunen anzu¬ 
raten und kann erfahrungsmäßig in massiven, feuerfest 
bedachten Scheunen das Getreide ohne allen Nachteil 
auf bewahrt werden. 
Die Beobachtung dieser allgemeinen Grundsätze ge¬ 
nügt indeß nicht, eine praktisch vollkommene Scheune 
konstruieren zu können, denn es kommt hier ganz be¬ 
sonders darauf an, daß die verschiedenen inneren Ver¬ 
bandstücke, welche das oft sehr tiefe und hohe Gebäude 
stützen und Zusammenhalten, so angeordnet und gestellt 
werden, daß solche weder den Getreidewagen noch den 
Leuten, welche mit dem Verpacken der Garben be¬ 
schäftigt sind, Hindernisse bereiten können. Ebenso wähne 
der Techniker nicht, in dem Besteller des Baues, sei 
solcher auch sonst ein tüchtiger Landwirt, stets einen 
guten Ratgeber zu finden. Diese Herren haben teils kein 
Verständnis für Bauzeichnungen, teils unterziehen sie 
sich nicht der Mühe, dieselben mit dem Bauverständigen 
Punkt für Punkt durchzugehen; letzterer muß also das 
Richtige selbst zu treffen wissen. A. B.
	        
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