Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Seite 18. 
Oberösterreichische Bauzeitung 
Nr. 3. 
wand von menschlicher Arbeitskraft, einen Aufwand, der 
den Charakter der unsinnigsten Verschwendung trägt, 
die nur Despotenlaune und Sklavensinn zur Ausführung 
bringen lassen konnten. Die edelsten Kräfte wurden im 
Übermaße vergeudet, das Leben von Hunderten und von 
Tausenden von Menschen dabei aufs Spiel gesetzt; 
zahllose Scharen regten sich dabei, getrieben von tyran¬ 
nischer Gewalt, in erzwungener und geistloser Arbeit. 
Während sonst demnach mit der Menschenkraft höchst 
verschwenderisch umgegangen wurde, ist die Tendenz 
unserer Zeit, mit derselben zu geizen, indem man dieselben 
durch die konzentrierte, ökonomische Maschinenarbeit 
zu ersetzen sucht; der erste und der Hauptzweck aller 
Maschinen ist ja Unterstützung, Ersparung und Ersatz 
an Menschenkraft. Hierin liegen die Unterschiede zwischen 
sonst und jetzt schon klar und bündig ausgedrückt. 
Die Kraftmaschine, der mechanische Motor, durch 
welchen ein Qnantum der kosmischen Kraft, die in un¬ 
ermeßlicher Quantität vorhanden ist, und als Schwere, 
Elastizität, Wärme u. s. w. auftritt, für unsere Zwecke 
nutzbar gemacht wird, erfüllt die wichtige Aufgabe, ein 
fast unbeschränktes Kraftquantum im kleinsten Raume 
konzentrieren zu lassen; besonders ist die Lösung dieser 
Aufgabe durch die Anwendung der Dampfmaschine 
möglich geworden, die in Verbindung mit vervollkomm- 
neten Hilfsmaschinen, wie sie jetzt als Hebe- und Förder¬ 
zeuge aller Art zu Gebote stehen, eine,Wirkung erreichen 
läßt, welche die des Altertums in Bezug auf Schnelligkeit 
und Ökonomie, allerdings weit .übertreffen. 
Man kann daher sagen, während das Altertum Großes 
durch die Sklaverei erzielte, schafft die moderne Welt 
Großes durch Kohle und Eis.en. 
Gehen wir hier auf die Art und Weise, in welcher 
im Altertum und bei halbzivilisierten Nationen im Unter¬ 
schiede mit. der neueren Zeit gearbeitet wurde, etwas 
näher ein, um unsere Behauptungen zu motivieren. 
Für den Salomonischen Tempelbau waren nach der 
Angabe der alten schriftlichen Traditionen nur allein in 
den Steinbrüchen 80.000 Arbeiter mit der Beschaffung 
der Steine beschäftigt, während 70.000 den Transport 
derselben nach dem fernen Bauplatze besorgten. Die 
Anzahl der Aufseher betrug dabei 36.000. Bei der unter 
Napoleon III. bewerkstelligten Vollendung des Louvre, 
eines Werkes, das bezüglich der nötigen Arbeiten etwa 
zehnmal mehr zu bedeuten hat, als der Salomonische 
Tempelbau, betrug die Anzahl der Arbeiter nur gegen 
3000, die der Bauführer nur 12 bis 15. In Peru sind die 
Trümmer der alten Inka-Residenz „Cuzco“ besonders 
merkwürdig. Daselbst stehen noch die Ruinen einer 
Zitadelle, welche etwa zur Zeit als die Spanier ins Land 
kamen vollendet wurde. An diesen Mauertrümmern be¬ 
wundert man besonders die ungeheuren Dimensionen der 
Steine, die unbehauen, ohne Mörtel und sonstiges Binde¬ 
mittel, höchst kunstvoll übereinander getürmt sind. In 
der Nähe dieser Baureste liegt auf dem Bergplateau ein 
enormer Stein, welchen zur Zeit der spanischen Er¬ 
oberung nach glaubenswürdigen Urkunden 20.000 Indianer 
an Ort und Stelle schafften, indem sie ihn mit Seilen und 
Hebebäumen den Berg hinauf wälzten; Hunderte der 
Arbeiter wurden dabei von dem öfters zurückgleitenden 
Stein zermalmt, so daß noch jetzt im Volksmunde die 
Sage geht, der Stein spritze Blut. Bei der Aufrichtung 
der Alexandersäule in Petersburg, deren Schaft allein 
17.530 Zentner wiegt, waren außer 681 Arbeitern noch 
1950 Soldaten zur Disposition gestellt und außerdem 
wurden noch 62 Winden und 186, Flaschenzüge gebraucht, 
um das Werk zu verrichten. Dagegen wurde das Nieder¬ 
legen und das Aufrichten des Obelisken zu Luxor, der 
aus einem Granitstücke besteht, das etwa 4620 Zentner 
wiegt, vermöge sinnreicher Zerbindung von Hebelwerken 
mit acht Paar Flaschenzügen, jeder aus drei losen und 
drei festen Rollen bestehend, unterstützt durch wichtige 
Benutzung der gleitenden Reibungen, welche durch Seile, 
die mehrfach um Holzwellen geschlungen sind, erzeugt 
wird, von nur acht Mann, die ziehend wirkten, in der 
fast unglaublich kurzen Zeit von nur 25 Minuten besorgt. 
Bei der Aufstellung der von Stephenson konstruierten 
eisenblechernen Röhrenbrücke über die Menai Streets, 
wobei die zu hebenden Röhrenstücke bei einer Länge 
iron 460 Fuß, zu 1726 Tonnen (ä 20 Ctr. engl.) wogen, 
bediente man sich dreier hydraulischer Pressen, welche 
durch eine Dampfmaschine von 40 Pferdekräften in 
Wirkung gesetzt wurden. Die größte aller in der Neuzeit 
bewegten Lasten war bekanntlich das Dach der Rotunde 
des Wiener Weltausstellungsgebäudes. Solche Beispiele 
beweisen wohl augenfällig die wesentlichen Unterschiede 
zwischen den Methoden der Lastenförderung in der alten 
und neuen Zeit, bei rohen oder doch nur halbzivilisierten 
Völkern und bei wirklich zivilisierten Nationen. Unnütze 
und sinnlose Kraftverschwendung charakterisiert die 
Werke der ersteren, die Tendenz nach weiser Sparsam¬ 
keit mit Zeit und Kraft prägt sich in den Werken der 
zweiten aus. Fügen wir hier an passender Stelle noch 
den Ausspruch eines berühmten Gelehrten, des Chemikers 
Justus Liebig, hierüber an. In seinen chemischen Briefen 
sagt er: „Die Kultur ist die Ökonomie der Kraft: Die 
Wissenschaft lehrt uns die einfachsten Mittel erkennen, 
um mit dem geringsten Aufwande von organischer Kraft 
die größten Wirkungen zu erzielen und mit den gegebenen 
Mitteln ein Maximum von Widerständen zu überwinden.“ 
„Eine jede unnütze Kraftäußerung in der Agrikultur, 
in der Industrie, sowie in der Wissenschaft charakterisiert 
die Rohheit und den Mangel an wahrer Kultur. Darin 
liegt aber das außerordentliche Übergewicht, an • Kraft, 
welche unsere Zeit von allen früheren unterscheidet, , daß 
die Entwicklung der Naturwissenschaften und der 
Mechanik, sowie die nähere Erforschung aller der. Ur¬ 
sachen, wodurch mechanische Bewegungen und Orts¬ 
veränderungen hervorgebracht werden, zur genaueren 
Bekanntschaft mit den Gesetzen geführt haben, welche 
die Menschen befähigt, Naturgewalten, welche sonst 
Angst und Entsetzen erweckten, zu seinen gehorsamen 
und willigen Dienern zu machen.“ 
Praktische Regeln für die Lüftung von 
Wohn- und Schlafräumen. 
Im hessischen Gewerbeblatt 1909, Nr. 19, erschien 
von Dr. Ig. ein Artikel mit dem Titel „Zur Lüftungs¬ 
frage der für das praktische Leben viele zum Teil 
schätzenswerte Verhaltungsmaßregeln gibt, die in weiteren 
Kreisen bekannt gemacht zu werden verdienen. 
Das Schlafzimmer ist derjenige Raum, welcher in 
Bezug auf Lufterneuerung die größte Aufmerksamkeit 
verdient. Wer im Besitze eines gesonderten Schlafzimmers 
ist, soll die Fenster desselben womöglich bis zum Schlafen¬ 
gehen offen lassen. Es ist für gesunde Menschen, wenig¬ 
stens für den Sommer, ratsam, auch in der Nacht die 
Oberflügel der Fenster offen zu halten. Sollte jemand
	        
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