Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Nr. 24. 
Oberösterreichiscne Bauzeitung. 
Seite 199. 
Landesausschuß beauftragt, eine kommissioneile Ver¬ 
handlung behufs Einholung von Vorschlägen zur Er¬ 
örterung der Frage abzuhalten, wie der Landtag in 
zweckmäßiger Weise unterzubringen sei. In dieser An¬ 
gelegenheit fand am 30. November 1. J. im braunen 
Saale das Landhauses, von Mitgliedern des Landesaus¬ 
schusses und mehreren bautechnischen Persönlichkeiten 
besucht, eine Sitzung statt. Landes-Oberbaurat König 
teilte mit, daß zur Unterbringung des Landtages drei 
Projekte in Aussicht genommen seien und zwar die Um¬ 
gestaltung des Steinernen Saales zu einem Landtagssaale, 
ferner die Inanspruchnahme und Adaptierung des alten 
Redoutensaales und endlich die Erweiterung des jetzt 
bestehenden Landtagssaales gegen den Hofraum zu. Er 
machte ferner bekannt, daß der Steinerne Saal 230 Quadrat¬ 
meter, der Redoutensaal 218 Quadratmeter und der 
jetzige Landtagssaal bloß 199 Quadratmeter Flächeninhalt 
besitzt, daher der erstgenannte Saal der größte sei und 
auch den Vorteil besäße, daß aus delii alten Landtags¬ 
saale viele wichtige Räumlichkeiten geschaffen werden 
könnten. Nach dieser Erklärung besichtigten die an¬ 
wesenden Herren den Steinernen Saal, fanden ihn bezüg¬ 
lich der Größe wohl geeignet für den vorgeschlagenen 
Zweck, aber das daselbst befindliche Tonnengewölbe, das 
für die akustischen Verhältnisse sehr ungünstig ist, er¬ 
regte bei mehreren Mitgliedern des Landesausschusses 
'ein ernstliches Bedenken. Oberbaurat König und die 
•beiden geladenen Herren Architekten Regierungsrat 
'Direktor S c h i e f t h a 1 e r und Ludwig G y r i von der 
Öberösterreichischen Baugesellschaft erklärten jedoch, 
daß es keiner besonderen Schwierigkeit unterliegen 
werde, eine Verbesserung der Akustik im Saale herbei¬ 
zuführen. Die Kosten der Umgestaltung des Steinernen 
Saales in einen Landtagssaal dürften sich ohne Aus¬ 
schmückung und Einrichtung auf 52.000 Kronen belaufen. 
Über die ganze Verhandlung wurde ein Protokoll auf¬ 
genommen, das dem Landtag vorgelegt wird. — Unsere 
Ansicht über dieses Projekt lautet folgendermaßen: Von 
der Konstruktionsart des Steinernen Saalbaues wird es 
abhängen, ob die akustischen Verhältnisse daselbst ohne 
einem gänzlichen Umbau der Decke durchgeführt werden 
können, da uns ein derartiges Beispiel noch erinnerlich ist, 
daß im alten Parlamentsgebäude in Budapest der Gro߬ 
meister der ungarischen Architekten weiland Nikolaus v.Yb 1 
jahrelange Versuche anstellte, die Akustik im Saale zu ver¬ 
bessern und erst dann sein Ziel erreichte, als das ganze 
Gebäude eine neue Bedachung erhielt. Kornhoffer. 
Bau eines Anstaltsgebäudes. In der am 6. Dezember 
stattgehabten Sitzung des Kuratoriums der Landes- 
Hypothekenanstalt wurde der Ankauf von drei Parzellen 
auf den alten Trainkaserngründen zum Zwecke der Er¬ 
bauung eines Anstaltsgebäudes beschlossen. Es sind dies 
die Parzellen., die sich an* der -neu zu -eröffnenden Straße 
in der Verlängerung der Schillerstraße befinden, daher 
eine, günstige Position besitzen. Zum .Grundankauf und 
zur Erbauung des Anstaltsgebäudes ist aber vorerst, die 
Genehmigung des oberösterreichischen Landtages ein- 
zuholen. 
Bauaussichten für 1910. Im kommenden Jahr 1910 
scheint eine Besserung im Bauwesen ein treten zu wollen, 
denn> an bestimmten Bauausführungen stehen zu er¬ 
warten, drei namhafte Gebäude auf den alten Train¬ 
kaserngründen, die 22 Wohnhäuser für die Angestellten 
der Staatsbahn, die. Lagerhäuser äm Linzer Umschlag¬ 
platze, drei Wohngebäude für Private in der Neustadt 
und mehrere größere Adaptierungen und Neuherstellungen 
von Objekten von Seite unserer Stadtkommune. Rechnet 
man noch hinzu den Saalbau für den Landtag und viel¬ 
leicht die Inangriffnahme des Linzer Bahnhofumbaues, so 
könnte der Schaden, den das Baugewerbe schon einige 
Jahre durch den Stillstand erlitten hat, wieder gut ge¬ 
macht werden. 
Architektur-Pfuschwerke. Es ist in hiesigen Künstler¬ 
kreisen leider nur zu bekannt, daß in letzterer Zeit in 
unserer Landeshauptstadt Neubauten entstanden sind, 
die stilloser und jedes ästhetische Gefühl verletzender 
schwerlich mehr geschaffen werden könnten. Wirmeinen 
einige Privathäuser, deren architektonisches Außere eine 
geistige Impotenz bekundet, die sich in kleineren Orten, 
aber nicht in unserer aufstrebenden Landeshauptstadt 
breitmachen sollte. Wir wollen die Objekte nicht be¬ 
zeichnen, denn wer kennt sie nicht, diese neuerer Zeit 
hergestellten verunglückten Geistesprodukte, die auf den 
kundigen Beschauer den Eindruck machen, als befände 
er sich einer Pflanzstätte der Geschmacklosigkeit und des 
architektonischen Unverstandes gegenüber. Freilich, wenn 
man die Summe erfährt, die für einen solchen plumpen 
Wohnkasten ausgegeben ward, kann man nur staunen, 
daß es in diesen schweren Zeiten, in denen wir leben, 
noch Leute gibt, denen die Billigkeit über alles geht und 
die nicht bedenken oder es nicht verstehen, daß bei einem 
Hausbau das Knickern am Unrechten Platze ist und man 
für seine Ersparnisse ein Objekt erhält, das von einem 
Kenner für wertlos oder mindestens für verunglückt be¬ 
zeichnet werden muß. 
Zum Jahreswechsel rät ein hiesiger Bauhandwerker 
seinen Berufskollegen, ihre Rechnungen für Reparaturen 
an die Hausbesitzer nicht wie es jetzt üblich ist, zu Neu¬ 
jahr, sondern alle Vierteljahre einzureichen, weil zum 
Jahreswechsel alle Forderungen an die Hausherren zu¬ 
sammenlaufen, was oftmals Mißlaune bei denselben er¬ 
zeugt und daher Differenzen bei der Abrechnung ein- 
treten können.- Ich habe meine Kunden schon an die 
vierteljährige Zahlung gewöhnt und hat sich keine darüber 
aufgehalten, noch ist sie mir untreu geworden. Für den 
Handwerker und Gewerbetreibenden ist in der jetzigen 
schweren Zeit die Bar- und baldige Zahlung ein Haupt¬ 
heilmittel für die Gesundung seiner oft kümmerlichen 
Existenz, deshalb sage ich: „Probatum estl“ 
Baugesellschaft in Enns. Aus Enns schreibt man 
uns, daß in der dortigen kleinen Stadt, die seit ewiger 
Zeit an Wohnungsmangel leidet, da in den meisten ur¬ 
alten Häusern daselbst zufolge Zersplitterung der Wohn- 
und Wirtschaftsräume, finsterer Aufgänge und Fehlen 
einer Kanalisation nicht zu wohnen ist, sich seit Eröff¬ 
nung der neuen Militär-Unterreälschure ein solcher Mangel 
an komfortablen Wohnungen heräusgestellt hat, daß schon 
mehrere Familien, welche die Absicht hatten, während 
der Studienzeit ihrer Söhne in der Militärschule, in Enns 
sich einzumieten, diese Idee aufgeben müßten, weil sie 
keine anständige Behausung finden konnten. Dieser Kala¬ 
mität abzuhelfen, die dem Städtchen, das eine hübsche 
Umgebung und gesunde Luft besitzt, zum Nachteil ge¬ 
reicht und weil sich kein Unternehmer für Hausbauten 
im Orte findet, haben sich mehrere dortige Bürger 
zusammengefunden, eine kleine Baugesellschaft zur 
Errichtung von Familienhäusern zu gründen, wozu 
40 Anteilscheine ä 250 Kronen ausgegeben werden. Die 
Hälfte davon ist schon gezeichnet, der andere Teil wird 
ebenfalls bald Abnehmer finden. Schreiber dieser Zeilen>
	        
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