Volltext: XIV. Jahrgang, 1909 (XIV. JG., 1909)

Seite 178. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 22. 
g) Einstöckige Tillen. 
Marie Swoboda Waldegg. 
Karl Seidenspinner Donatusgasse. 
Kornhoff er. 
Das neue Gesetz über den „unlauteren 
Wettbewerb“ in Deutschland. 
Mit dem 1. Oktober 1909 ist das neue Gesetz zur 
Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in Deutschland 
in Kraft getreten. Das neue Gesetz ist geschaffen, worden, 
weil sich das vom 27. Mai 1896 stammende alte Sonder¬ 
gesetz als unzureichend erwiesen haben soll, um den 
redlichen Geschäftsmann gegen die betrügerische oder 
doch unlautere Konkurrenz wirksam zu schützen. Des¬ 
halb wurde auf dessen Grundlagen in erweiterter Gestalt 
ein neues Gesetz aufgebaut, dessen Entwurf im Monat 
Dezember 1907 der öffentlichen Kritik unterbreitet und 
auf Grund derselben abgeändert dem Reichstage zu Be¬ 
ginn dieses Jahres vorgelegt wurde. Nachdem auch der 
Reichstag den Entwurf teilweise verschärft, zum Teil 
erweitert und der Bundesrat dieser Fassung zugestimmt 
hatte, wurde das Gesetz am 1. Juni d. J. erlassen. Es 
ist für weite Kreise namentlich auch für unsere Gewerbe¬ 
treibenden, von so großer und einschneidender Bedeutung, 
daß eine Zusammenfassung seiner wesentlichen Bestim¬ 
mungen an dieser Stelle willkommen sein dürfte. Denn 
in erster Linie bezweckt das neue Gesetz, Gewerbe und 
Handel vor unredlichen Machenschaften nach Möglichkeit 
zu iNiJiützen. Deshalb suchte man hier den unlauteren 
Wettbewerb in allen seinen Erscheinungen zu treffen 
und zu verhindern und deshalb stellte der Gesetzgeber 
im § 1 die sogenannte Generalklausel voran, der zufolge 
jeder, der im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des 
Wettbewerbes Handlungen vornimmt, die gegen die 
guten Sitten verstoßen, auf Unterlassung und Schaden¬ 
ersatz in Anspruch genommen werden kann. Verschiedent¬ 
lich hat diese Bestimmung die größten Bedenken hervor¬ 
gerufen. Denn der Begriff „Verstoß gegen die guten 
Sitten“ sei überaus dehnbar und könne leicht zu einer 
übertriebenen oder schikanösen Auslegung führen. Immer¬ 
hin wird eine mißbräuchliche Anwendung dieser Be¬ 
stimmung vermieden werden können, wenn der urteilende 
Richter nach den Absichten des Gesetzgebers nicht seine 
persönliche Meinung als maßgebend betrachtet, sondern 
die Anschauung der Geschäftswelt, namentlich der Ver¬ 
kehrskreise, denen der Täter angehört. Was hier als eine 
unanständige Handlung im Wettbewerb gilt, wird unter 
allen Umständen von der Generalklausel getroffen werden. 
Weitere Vorschriften richten sich gegen die un¬ 
lautere Reklame. Wer in dieser über geschäftliche 
Verhältnisse, insbesondere über die Beschaffenheit, den 
Ursprung, die Herstellungsart oder die Preisbemessung 
von Waren oder gewerbliche Leistungen, über die Art 
des Bezuges oder die Bezugsquellen von Waren, über 
den Anlaß oder den Zweck des Verkaufes oder über die 
Menge der Vorräte unrichtige Angaben macht, die den 
Anschein eines besonders günstigen Angebotes hervor¬ 
zurufen geeignet sind, kann auf Unterlassung der un¬ 
richtigen Angaben in Anspruch genommen werden. Ge¬ 
meint sind hier ausschließlich öffentliche Bekannt¬ 
machungen oder Mitteilungen, die für einen größeren 
Kreis von Personen bestimmt sind, also in erster Linie 
Zeitungsinserate, ferner Druckschriften, die als Prospekte, 
Zirkulare, Kataloge, Aufschriften auf Brief- und Rech¬ 
nungsformularen versandt werden, Aushänge in den 
Schaufenstern, Läden usw., Etiketten auf Waren und 
dergleichen. 
Von ganz besonderer Wichtigkeit sind die Bestim¬ 
mungen über das Ausverkaufswesen. Soweit es un¬ 
reell war, mußte es bisher den Bestimmungen über die 
unlautere Reklame unterworfen werden. Aber gerade in 
dieser Hinsicht hat sich das alte Gesetz als völlig unzu¬ 
reichend gezeigt, namentlich auch infolge der falschen 
Auslegung eines Reichsgerichtsurteiles durch verschiedene 
Gerichte, so daß der Warennachschub bei Ausverkäufen 
so üppig wir zuvor blühte. Daher wird in dem neuen 
Gesetz das Ausverkaufswesen einer selbständigen, ein¬ 
gehenden Regelung unterworfen. Es will keineswegs die 
Ausverkäufe an sich beschränken, deren wirtschaftliche 
Notwendigkeit außer Frage steht, sondern nur die Aus¬ 
wüchse und Mißbräuche, die damit bisher zum Schaden 
der reellen Geschäftswelt verbunden waren. Daher ist in 
erster Linie bei Ausverkäufen das Nachschieben von 
Waren, die sich guten Zuspruches seitens des Publikums 
erfreuten, verboten, ebenso aber auch das Verschieben, 
d. li. eine Ergänzung des vorhandenen Lagers vor An¬ 
kündigung des Ausverkaufes. Von einer behördlichen 
Genehmigung des Ausverkaufes wurde mit Recht abge¬ 
sehen, da er sonst leicht den Anschein eines „privile¬ 
gierten“ Ausverkaufes gewinnen könnte. Dagegen muß 
bei jeder Ankündigung genau der Grund des Ausver¬ 
kaufes angegeben werden, die Unterlassung wird mit 
einer Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft, 
während für unrichtige Angaben in der Ankündigung 
(auch des Grundes) die Vorschriften über die unlautere 
Reklame Anwendung finden. Außerdem kann die höhere 
Verwaltungsbehörde die Einreichung eines Verzeichnisses 
der auszuverkaufenden Waren verlangen. Die Einsicht 
in die aufgelegten Verzeichnisse ist jedem, also auch 
dem Konkurrenten, gestattet. Hierdurch werden die be¬ 
teiligten Kreise selbst in die Lage versetzt, eine gewisse 
Aufsicht über die Rechtmäßigkeit und den ordnungs¬ 
mäßigen Verlauf des Ausverkaufes auszuüben und 
namentlich Vor- oder Nachschübe festzustellen, die sehr 
streng bestraft werden. Denn Gefängnis bis zu einem 
Jahr und Geldstrafe bis zu 5000 Mark oder eine dieser 
beiden Strafen trifft den, der im Falle der Ankündigung 
eines Ausverkaufes Waren zum Verkaufe stellt, die nur 
für den Zweck des Ausverkaufes herbeigeschafft worden 
sind. Auf Saison- und Inventurausverkäufe finden diese 
Vorschriften keine Anwendung. Über Zahl, Zeit und 
Dauer der üblichen Saison- und Inventurausverkäufe kann 
die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der zu¬ 
ständigen gesetzlichen Gewerbe- und Handelsvertretungen 
Bestimmungen treffen. „Konkursausverkäufe“ dürfen fortan 
nur von dem Konkursverwalter selbst angekündigt werden, 
nicht aber in Fällen, in denen aus einer Verfügung die 
Konkursware in die zweite und dritte Hand gelangt ist. 
Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 
Mark oder mit Haft bestraft. Ein besonderes Kapitel 
bildet die „AnSchwärzung“. Das ist für das Handwerk 
von der größten Wichtigkeit. Wer wider besseres Wissen 
über das Erwerbsgeschäft eines anderen, über die Person 
des Inhabers oder Leiters des Geschäfts, über die Waren 
oder gewerbliche Leistungen eines anderen Tatsachen 
der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet, die ge¬ 
eignet sind, den Betrieb des Geschäfts zu schädigen, wird 
mit Gefängnis bis zu einem Jahr und Geldstrafe bis zu 
5000 Mark oder mit einer dieser beiden Strafen bestraft.
	        
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