Seite 162.
Oberösterreichische Bauzeitung.
Nr. 20.
Ein Wort zur Wasserversorgung von
Städten, Märkten etc.
Da mehrere Märkte in Oberösterreich, darunter
Mauthausen, daran gehen wollen, sich ein öffentliches
Wasserwerk anlegen zu lassen, so dürfte nachstehender
Artikel namentlich allen dortigen Herren Gemeinde¬
vorstehern von Interesse sein. Der Verfasser des Auf¬
satzes, ein gewiegter Wasserbautechniker, schreibt:
Den Weg welchen wir zu gehen haben, wenn wir
die Wasserversorgungsfrage zweckmäßig lösen wollen,
zeigt uns die Natur selbst: Bäche, Flüsse, Ströme bilden
die einfachsten Wasserleitungen. Das Wasser tritt in der
Quelle klar zu Tage, wird aber im weiteren Lauf matt,
unrein und je länger, je mehr zu Trinkzwecken untauglich.
Um es als Genußwasser brauchbar zu erhalten, wird es
unweit vom Ursprungsort je nach Bedarf in einem
größeren oder kleineren Behälter aufgefangen und unter
natürlichem Druck mittelst Röhren nach dem Ort des
Verbrauches geleitet, wo es in Fässern oder Trögen auf¬
gefangen und mit Krügen oder Eimern geschöpft wird.
Nur der geringste Teil des zu- und abfließenden Wassers
wird tatsächlich verbraucht, der weitaus größte Teil
fließt unbenutzt ab. Mit dem wachsenden Verbrauch tritt
Wassermangel ein, die seitherige Wasservergeudung muß
eingeschränkt werden, indem man den unausgesetzten
Abfluß des Wassers verhindert. Man sperrt die Aus¬
mündung ab und entnimmt nur so oft und soviel Wasser,
als man gerade bedarf.
Nun staut sich das Wasser in den Leitungsröhren
und übt einen Druck auf dieselben aus, so daß sie aus
widerstandsfähigerem Material hergestellt werden müssen;
man gelangt zu einer künstlichen Wasserleitung. Am
einfachsten gestaltet sich die Sache, wo eine solche
Leitung unter natürlichem Druck steht, wo also das
Quellengebiet und die Sammelbehälter so hoch liegen,
daß das Wasser in den Röhren mittelst eigenen Gefälles
nach dem Bestimmungsort abfließt. Ein weiterer Vorteil
besteht hier darin, daß das Quellwasser in der Regel von
guter Beschaffenheit ist und ohne weitere Klär- und
Reinigungsmittel benutzt werden kann. Anders liegen
die Verhältnisse in ebenen Gegenden, wo man auf das
Grundwasser angewiesen ist, das oft Beimengungen
wenig erfreulicher Art enthält und erst einem gründ¬
lichen Reinigungsprozeß unterworfen werden muß. Hier
sind häufig Schwierigkeiten vorhanden, welche die größte
Vorsicht gebieten und nur durch umfassende und sorg¬
fältige Vorarbeiten überwunden werden können,
Die Bakterien des Fluß- und Seewassers lassen sich
durch keine Reinigung, insbesondere nicht durch die
sonst üblichen Filter, entfernen. Um von der Menge, in
welcher diese schädlichen Keime auftreten, einen
schwachen Begriff zu geben, sei erwähnt, daß in einem
einzigen Tropfen Spreewasser mehr als 60.000 Bazillen
gefunden worden sind.
Die Beschränkung auf das Grundwasser bleibt daher
immer riskant, weil man nie die unumstößliche Sicherheit
hat, daß die angelegten Pumpbrunnen auf die Dauer
gutes Wasser in ausreichender Menge liefern. Jedenfalls
dürfen bei den Vorarbeiten auch große Ausgaben nicht
gescheut werden, um durch fortgesetzte Pumpversuche
wenigstens einige Gewißheit darüber zu erlangen, daß
auch in Zeiten des niedrigsten Grundwasserstandes die
erforderliche Wassermengö gefördert werden kann und
um durch eingehende Untersuchungen festzustellen, ob
das erbohrte Wasser den Ansprüchen genügt, welche
vom hygienischen Standpunkte aus an ein gutes Trink¬
wasser gestellt werden. Aber selbst dann, wenn weder
vom Chemiker noch vom Bakteriologen in gesundheit¬
licher Beziehung gegen die Benutzung des Wassers
Einwendungen erhoben werden, können nach Fertig¬
stellung der Leitung Unzuträglichkeiten zu Tage treten,
deren nachträgliche Beseitigung mit ungeheuren Geld¬
kosten verknüpft ist. Es kommt nämlich in der Ebene
nicht selten vor, daß die wasserführenden Sand- und
Kiesschichten eisenhaltig sind. Eisenhaltiges Wasser ist
nun keineswegs gesundheitsschädlich, im Gegenteil; aber
es verliert nach kurzem Verlauf sein anfänglich blankes
Aussehen, ist zur Wäsche und für manche Industrien
unbrauchbar und führt zu Verstopfungen der Rohrleitung,
wenn sich der sogenannte Brunnenfaden einstellt. Das
Eisen muß daher dem Wasser vor der Einführung in
die Leitung entzogen werden, will man vor großen Nach¬
teilen bewahrt bleiben, wie sie manche Städte, von denen
nur Leipzig, Halle und Berlin genannt [sein mögen, er¬
litten haben. Die geologischen Formen des Diluviums
bedingen fast überall, daß das Grundwasser Eisen enthält;
es ist daher für alle Städte, welche eine Wasserleitung
bauen wollen oder müssen, von der größten Wichtigkeit,
die Mittel und Wege zu kennen, durch welche das Eisen
ausgeschieden, mit anderen Worten das Wasser enteisent
werden kann. Dies geschieht durch ausgiebige rasche
Lüftung des Wassers mit nachfolgender Filtration. Bei
der Lüftung wird das in dem Wasser gelöst enthaltene
Eisen durch die Fortnahme der Kohlensäure und durch
die Zuführung von Sauerstoff niedergeschlagen, bei der
Filtration wird der schließlich grobflockige Niederschlag
(Ocker) aus dem Wasser entfernt und als Schlamm im Kies
zurückbehalten.
Dieses Enteisenungsverfahren ist schon verschie¬
dentlich mit Erfolg zur Anwendung gelangt und bildet
einen gewaltigen Fortschritt in der Wasserversorgungs¬
frage, wenn es auch selbstredend die Anlage- und
Unterhaltungskosten eines Wasserwerkes nicht uner¬
heblich verteuert. Übrigens sind aber die Mehrkosten
nicht so bedeutend, daß sie gegenüber den dadurch er¬
langten Vorteilen ins Gewicht fallen könnten.
Umfangreiche Versuche über das Enteisenungsver¬
fahren nach der in der Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure* Band 34, Seite 1343 beschriebenen Methode
des Oberingenieurs Oesten in Berlin sind in Kiel im
Gange. Ein modifiziertes Verfahren bringt der Direktor
des Berliner Wasserwerkes vor dem Stralauer Tor, In¬
genieur Piefke, zur Anwendung, indem er mit gutem Er¬
folge die Lüftung des eisenhaltigen Wassers in einem
mit Koksstücken gefüllten Zylinder vornimmt. Beide
Methoden führen zum Ziele, wie die Erfahrungen in der
Frauenklinik in Berlin, in den städtischen Heimstätten
für Genesende zu Blankenburg bei Berlin und im
Kadettenhause zu Wahlstatt bei Liegnitz beweisen; der
Eisengehalt des Grundwassers bildet somit kein Hindernis
mehr an dessen Verwendung zur Wasserversorgung.
Der Bericht der niederösterreichischen
Handels- und Gewerbekammer pro 1908.
(Aus dem „Wiener Communalblatt“.)
III.
Schlosserwaren. In der fabriksmäßigen Erzeugung
von Schlosserwaren, speziell in Baubeschlägen, war der