Volltext: XIII. Jahrgang, 1908 (XIII. JG., 1908)

Seite 82. 
Oberösterreichische Bauzeitung 
Nr. 11. 
2. Der Hausmeister soll sein der Reiniger des Hauses 
und des vorliegenden Straßentrottoirs. 
3. Der Hausmeister soll sein das artige Auskunfts¬ 
bureau für das nach Wohnparteien sich erkundigende 
Publikum. 
4. Der Hausmeister soll sein der Abschaffer des 
lästigen Bettelvolkes und der Aufpasser, damit im Hause 
nichts gestohlen wird. 
5. Der Hausmeister soll sein der Aushelfer und Be¬ 
sorger kleiner Gefälligkeiten für die Wohnparteien gegen 
ein bescheidenes Trinkgeld. 
6. Der Hausmeister soll sein der Zurechtweiser un¬ 
reiner und liederlicher Dienstboten im Hause. 
7. Der Hausmeister soll endlich sein ein anständiger, 
stiller Mensch, der immer bedenkt, daß die Parteien im 
Hause nicht von ihm, sondern er von dem Zinserträgnis 
derselben erhalten wird. 
b) Was ist aber in manchen Fällen der Hausmeister? 
1. Der Hausmeister ist, wo der Besitzer nicht im 
Hause wohnt, oftmals der Herr im Hause, denn er bläht 
sich als solcher auf. 
2. Der Hausmeister kümmert sich wenig um das 
Reinigen des Hauses, sondern überläßt diese Arbeit nicht 
selten einem Taglöhnerweib. 
3. Der Hausmeister schnauzt jeden, selbst die feinsten 
Leute ab, wenn sie um Parteien im Hause fragen. Bei 
übler Laune spielt er den Schwerhörigen und gibt gar 
keine Antwort. 
4. Der Hausmeister läßt die Bettelei im Hause ge¬ 
schehen, weil sie nicht im Gasthause stattfindet, wo er 
sehr häufig sich befindet. 
5. Der Hausmeister ist nur dann zu einer Dienst¬ 
leistung erbötig, wenn die Partei ihm die eine Hand auf 
die Schulter legt und mit der anderen gleich ein Kronen¬ 
stück vor Augen legt. 
6. Der Hausmeister hält stets zu den Dienstboten; 
denn durch sie erfährt er so manches über die Parteien 
und kann beim Hausherrn jene verschwärzen, die ihm 
nicht zu Gesicht stehen. 
7. Der Hausmeister wird oft zum Schaden des Hauses, 
denn sein Betragen veranlaßt alle besseren Parteien aus¬ 
zuziehen, wodurch das Gebäude in Verruf kommt. 
Selbstverständlich sprechen wir hier nur von Ein¬ 
zelfällen und wollen dadurch den Hausmeisterstand nicht 
erniedrigen, sondern bloß dartun, daß man sich durch 
solche einzelne Vorkommnisse nicht abhalten lassen soll, 
ein Haus zu erwerben, wenn man die Energie und den 
Mut besitzt, den Hausmeister in gewissen Schranken zu 
halten. Kornhoffer. 
Die Sicherung der Bauforderungen. 
(Fortsetzung.) 
Nach Erteilung der Baubewilligung ist das Grund¬ 
buch zu sperren und die Realität in ein neu anzulegendes 
Baubuch zu übertragen. In diesem Baubuche gelangen 
alle Forderungsrechte der Baügläubiger zur Eintragung. 
Für die Abwicklung des finanziellen Teiles des Bau¬ 
geschäftes wurde beschlossen, sich gegen die Errichtung 
eines Baugeldamtes, jedoch für die Bestellung eines 
Treuhänders, der aus der Gilde der gerichtlichen 
Sachverständigen entnommen werden soll, auszusprechen. 
Für diesen Treuhänder solle der Staat wie für 
seine richterlichen Beamten haften. 
Redner stellt schließlich den Antrag, aus der Zentral¬ 
stelle für Wohnungsreform und dem Niederösterreichischen 
Gewerbevereine ein gemeinsames Komitee zu bilden, das 
die Resultate der Diskussion zusammenfassen und in einer 
Eingabe dem Justizministerium und dem Reichsrate über¬ 
mitteln soll. 
Der Vorsitzende ersuchte nun Herrn Dr. Lederer 
das Wort zu ergreifen. 
Herr Dr. Lederer führte aus, daß die Notwendig¬ 
keit und Tragweite der eben erörterten gesetzlichen Be¬ 
stimmungen ohne die materielle Basis, auf der die Reform¬ 
bestrebungen erwuchsen, nicht beurteilt werden könne. 
Die Berechtigung eines Gesetzes in dem eben ausge¬ 
führten Sinne lasse sich nur aus einer tiefgehenden 
materiellen Schädigung des Baugewerbes oder aus einer 
durch das Gesetz zu verbessernden mangelhaften Organi¬ 
sation des Wirtschaftskörpers begründen. Um nun die 
Bedeutung der Schädigung der Gewerbetreibenden durch 
das unsolide Unternehmertum in den Jahren 1904—1906 
zu erfassen, beschloß das Komitee des Gewerbevereines, 
eine private Enquete im Wege der Genossenschaften zu 
veranstalten. 
Zehn Genossenschaften erklärten sich bereit, die Ver¬ 
teilung von Fragebogen zu übernehmen, und so wurden 
im Laufe kurzer Zeit über 3000 Fragebogen hinaus¬ 
gegeben. Leider langten von denselben bloß 173 Stück 
von acht Genossenschaften ein, also bloß zirka 5 Prozent 
der zur Aussendung gelangten Fragebogen. Aber auch von 
diesen waren nicht alle verwendbar. Immerhin ist es 
interessant, die Daten näher zu betrachten. 
16 Baumeister verloren 465.450 K, im Durchschnitte 
29.090 K; 16 Zimmermeister verloren 288.569 K, im 
Durchschnitte 18.035 K; 6 Dachdeckermeister verloren 
16.563 K, im Durchschnitte 3000 K\ 36 Schlossermeister 
verloren 248.000 K, im Durchschnitte 7000 K ; 13 Tischler¬ 
meister verloren 203.796 K, im Durchschnitte 16.000 K; 
6 Anstreicher und Lackierer verloren 37.435 K, im 
Durchschnitte 6200 K; 15 Zimmer- und Dekorations¬ 
maler verloren 34.288 K, im Durchschnitte 2000 K; 
17 Gas-und Wasserleitungsinstallateure verloren 129.700 K, 
im Durchschnitte 7600 K. 
Im ganzen verloren die 125 Unternehmer 1,423.701 K 
in 3 Jahren, also jährlich 500.000 K, im Durchschnitte 
4000 K pro Kopf und Jahr. Dabei muß betont werden, 
daß die Schadensbeträge, die einzelne Meister erlitten, 
in den meisten Gewerben 50.000—80.000 K, sogar 
100.000 K erreichten. An diesen Schadenssummen sind 
zwar mit den absolut größten Beträgen die Baumeister 
beteiligt, doch weisen die relativ größte Schadenssumme 
die Zimmermeister, Schlosser, Tischler und Dachdecker 
u. s. w. auf, da ja häufig das Haus schon zur Ver¬ 
steigerung gelangt, ehe die zuletzt genannten Gewerbe¬ 
treibenden überhaupt eine Zahlung aus dem Baukredite 
erhalten können. Redner führte sodann mehrere grasse 
Fälle schwerer Schädigungen vor und verlas einige Frage¬ 
bogen, aus denen der überall typische Verlauf des Bau¬ 
schwindels ersichtlich wird. Zugleich zeigte sich auch 
aus der Enquete, daß das Baugewerbe in vielen seiner 
Vertreter an der Mangelhaftigkeit der wirtschaftlichen 
Organisation leidet. 
Eine straffere Organisation der Baugewerbetreibenden 
würde zur Folge haben, daß sie nicht, wie bisher, das 
Ausbeutungsobjekt von Personenkreisen wären, die 
moralisch, wirtschaftlich und ihrer sozialen Bedeutung 
nach tief unter ihnen stehen. Bloß im Baugewerbe hat
	        
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