Volltext: XIII. Jahrgang, 1908 (XIII. JG., 1908)

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XIII. Jahrgang, Nr. 18. 
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Linz, 15. September 1908. 
Öberösterreichische Bauzeitung 
Zeitschrift für Bauwesen 
Organ des „Vereines der Baumeister in Oberösterreich“. 
Redaktion und Administration: Buchdruckerei C. KOLNDORFFER, LINZ, Domgasse Nr. 5. 
Man pränumeriert auf die OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG: 
„ I ganzjährig mit K 20.- _ / ganzjährig mit . K 16 
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z , vierteljährig . ,, 5.— | Vierteiiährig . . ,, i 
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Erscheint am 1. und 15. 
Monat. 
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INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem billigsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober- 
österreichischen Bauzeitung“, Linz, Domgasse Nr. 5, ferner bei 
allen größeren Annoncen-Expeditionen des In- u. Auslandes. Eventuelle 
Reklamationen und Beschwerden direkt an uns erbeten. 
Inhalt. Die Bauindustrie in Bulgarien. — Mißstände im Zahlungs¬ 
verkehr. — Das städtische Wohnhaus der Zukunft. — Lokale Baunotizen. 
— Vermischtes. — Patentliste. — Bücherschau. — Anmeldungen für 
Wasserbezug aus dem städtischen Wasserwerke. — Inserate. 
Die Bauindustrie in Bulgarien. 
Über die baugewerblichen Verhältnisse in Bulgarien 
sendet uns ein Freund unseres Blattes aus Sofia, der 
Hauptstadt des Landes, folgende interessante Zeilen. 
Es ist wirklich für uns deutsche Baufachleute inter¬ 
essant, zu sehen, in welcher Weise man in Bulgarien 
mit wenigen und dabei noch primitiven Werkzeugen den 
Häuserbaii unternimmt. Vor allem werden im Verlaufe 
des Baues gewöhnlich große Piloten in die Erde gerammt, 
sodann stellt man das Holzgerippe des Hauses auf und 
zwar so geschickt und stark, vorzüglich aber mit solch 
sorgfältiger Berechnung, daß ohne Vorlage irgendwelchen 
Planes für alles bestens gesorgt ist. Wenn zum Schluß, 
ohne Einsturz oder dergleichen zu befürchten, das 
schwere Ziegeldach auf das Holzgerippe gelegt wird, so 
steht dann das Ganze da wie ein durchsichtiges Haus; 
denn erst später werden zwischen die Balken die Wände 
aus Ziegel, Erde oder Bretter eingesetzt. 
In Sofia allerdings und in einigen anderen größeren 
Städten, welche einen europäischen Aufschwung ge¬ 
nommen haben, werden für die Neubauten ansässige aus¬ 
ländische Architekten, meist Wiener Schule, verwendet, 
denen sich in neuerer Zeit jüdische Bauunternehmer aus 
Ungarn anreihen. 
Bei kleineren Bauausführungen dominieren in Bul¬ 
garien die Zinzaren auf den einschlägigen Gebieten. 
Sie sind sozusagen die projektierenden Architekten, Bau¬ 
meister, Maurer und Tischler, alles in einer Person. Diese 
Zinzaren nun übernehmen bis in die allerneueste Zeit 
hinein die vollkommene Herstellung der einstöckigen 
Wohnhäuser nach türkischer Art und zwar vom An- 
ferbigen der Bauzeichnung an bis zur Holzmöbeleinrich¬ 
tung. Dies erfolgt auf Grund einer geradezu sonderbar 
zu nennenden Vereinbarung. Bei Feststellung des Preises 
nämlich wird das Flächenmaß des Baugrundes als Richt¬ 
schnur angenommen. Per Quadratmeter verlangen die 
Zinzaren etwa nach unserem Gelde Mark P— bis 1*60 und 
für diesen ausgehandelten Preis wird das gesamte Ge¬ 
bäude bis zum letzten Sofa vollkommen' hergestellt; 
der Zinzare repräsentiert in Bulgarien sozusagen unser 
deutsches „Mädchen für alles“, während zum Beispiel 
der türkische Handwerker in Bulgarien lediglich Tischler 
ist und immer auf dem Oarcia arbeitet, ist der Zinzar 
noch obendrein Schnitzer und Drechsler. 
Gewöhnlich benützt der türkische Tischler deutsches 
Werkzeug. Hievon bildet aber die eine große Rolle 
spielende Fuohssäge, welche von englischen und deutschen 
Fabrikanten geliefert wird, eine Ausnahme. 
Sehr windig sieht es in Bulgarien mit dem Bauholz 
aus. Nur in den schwer zugänglichen Partien des Ryll- 
Dagh, im Etropol-Balkan, in der Gegend des Stara- 
Planina und der Eszkr-Dyuma finden sich noch Wälder 
mit größeren Holzbeständen vor. Die übrigen Teile des 
Landes weisen nur selten Waldungen auf. Eine Haupt¬ 
ursache der im großen Maßstabe vorgekommenen Wald¬ 
ausrottung liegt in der dort üblichen türkischen Bauart, 
bei welcher man bekanntlich die ganzen Holzstämme 
verwendet und so kam es, daß für die modernen Bauten 
und bei den in Verwendung kommenden Arbeiten das 
benötigte Holz größtenteils aus Österreich hergeliefert 
werden muß. 
Die unter Verwendung von Eisenkonstruktionen er¬ 
richteten Gebäude der bulgarischen Residenz sind in 
puncto ihrer Eisenmaterialien fast vollkommen auf 
Samakoo angewiesen, welches bis in die jüngste Ver¬ 
gangenheit hinein den einzigen Platz in Bulgarien reprä¬ 
sentiert, wo Roh- und Schmiedeeisen fabriziert wird. 
Größere Bauschlossereien sind nur in der Hauptstadt 
Sofia zu finden, doch viele Gegenstände bezieht man 
aus Österreich, namentlich Gitter, Geländer und Kunst¬ 
schlosserarbeiten. 
Was die bulgarische Baukeramik anbelangt, so gibt 
es — unglaublich, aber wahr! —- in ganz Bulgarien kaum 
einen Ziegel, dessen Tonmaterial gerechterweise mit 
dem Attribut „brauchbar“ sich bezeichnen lassen 
könnte. Vielfach werden daher die Bausteine vom Aus¬ 
lande selbst bis aus Marseille hergeholt. Nach dem 
Brennen wird nämlich das einheimische Tonmaterial 
mürbe und zerbrechlich und erhält häufig eine dunkel¬ 
rote Farbe, was einen großen Kalk- und Eisengehalt ver¬ 
rät. Am Ende jeder größeren Ortschaft in Bulgarien 
sieht man Ziegelbrennöfen erbaut. Platte Dachziegel 
werden nirgends im Lande beim Häuserbauen benützt, 
nur konkave. 
Noch schlechter wie mit der Ziegelfabrikation ist es 
in Bulgarien mit der Glasfabrikation bestellt, trotzdem 
am Abhange des Ryll-Dagh der für jenen Industriezweig 
so sehr geeignete weiße Quarz in genügsamen Mengen 
vorhanden ist. Doch was nützt gutes Rohmaterial, wenn 
die Arbeitskräfte fehlen? 
Die sehr mittelmäßige Ausbildung der einzelnen 
Handwerker, wie sie im vorstehenden geschildert, läßt 
schließlich die berechtigte Vermutung aufkommen, daß
	        
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